Review: 1x12 „Omega“

Ich war ja bereit, enttäuscht zu werden. Joss‘ Staffelfinali haben mich ja nie sonderlich umgehauen, Buffy Staffel 5, 6 und 7 hatten alle tolle Enden, aber die Staffeln erlangen ihr Gewicht aus der großen Arc, nicht aus dem BANG! Dollhouse hat beides, eine unglaublich dichte und vollgepackte Staffel, wo am Ende dann tatsächlich noch einmal alles umgeworfen, verdreht und teilweise erklärt wird, was vorher nur geahnt werden konnte. Ich kann mich z.B. an kein Finale erinnern, das so geschickt mit Flashbacks umging und uns tatsächlich Lücken im vergangenen Narrativ aufschlüsselte, ohne die die Staffelstory kaum Sinn macht. Dafür war Joss bisher immer zu linear gewesen. „Omega“ schafft das alles, ist ein Action-Spektakel, packt noch Nietzsche, Heartbreak und „Eternal Sunshine of the Spotless Mind“ drauf und verbeugt sich nach 50 Minuten Wahnsinn mit jenem Shot, mit jenem Wort, mit dem „Echo“, Joss‘ Original-Pilot, aufhörte.

We all need to work together

„Omega“ bindet sich dabei aber auch an alles an, was tatsächlich ausgestrahlt wurde. Die Folge selbst ist ein composite event, nicht nur im Bezug auf Echo, die einen eben solchen erlebt, auch metatextuell wird hier alles zusammengeführt und zu einem pluriperspektivischen Wahnsinn, einer Psychose verbunden. Alle Alpha-Storylines (wie „The Target“ und „Gray Hour“) schon mal von sich aus; „Stage Fright“ erhält einen shout-out; als Alpha zu Echo!Crystal meint, sie wäre mit 13 schon eine Frau gewesen, musste ich sofort an „Ghost“ und Eleanor Penns Story denken; die Zeit der „Echoes“-Flashbacks (und Dr. Saunders Abwesenheit von besagter Folge) erhält eine direkte Fortsetzung hier; Dr. Saunders „Needs“-Experiment (und Echo!Carolines Umgang damit) erhält einen neuen tragischen Twist; das göttliche Jenseits des Dollhouse aus „Haunted“ wird in Alphas Götter-Übermenschen-Monolog und seinem Begreifen der Hölle aufgegriffen; und alles, was Paul in „Man on the Street“ und seit „A Spy in the House of Love“ erlebt hat, kulminiert in dem Moment, wo er endgültig Teil des Systems wird. Auch unsere Charaktere compositen zu ungeahnten Kombinationen: Wer im Piloten ahnen konnte, dass im Finale Boyd und Paul ganz buddy cop movie mäßig auf die Jagd nach Alpha gehen werden, nachdem Paul und Alpha ganz buddy cop movie mäßig ins Dollhouse eingebrochen sind, kriegt einen Orden von mir.

In dem Zusammenwerfen offenbart „Omega“ aber auch die grundlegende Frage der Prämisse: Wenn so viel auf einmal geht, wie können dann die Dinge nebeneinander stehen, die sich widersprechen? Boyd und Paul sind das beste Beispiel für eine Liaison, die ihre Widersprüchlichkeit durch den Fight in „Briar Rose“ expliziert bekam. Im Dollhouse finden Widersprüche letztendlich zueinander und finden das Gleiche im Anderen: Beide sind am Ende Trans-Cops auf dem Weg Echo/Caroline zu retten. Außerhalb des Dollhouses läuft die Welt aber andersrum ab: Alpha und Omega starten mit der gleiche Ausgangslage (composite event), sie entfernen sich dann aber voneinander, geraten in den Konflikt. Diese Spannung zwischen der einlullenden Struktur des Dollhouses und der konfliktreichen Außenwelt haben wir in „Gray Hour“ und „Needs“ schon so wunderbar aufgezeigt bekommen.

Gleichzeitig ist die Anbidnung an „Ghost“ ja umso schöner, weil wir dort gelernt haben, dass die Imprints keine Greatest Hits sind, dass achievement duch fault balanciert werden muss. Dass Topher den composite event heraufbeschwört als er mittels seiner Diagnostik tatsächlich ein Greatest Hits lädt, erklärt, warum dies so sein muss. Die Widersprüche müssen sorgfältig ausbalanciert sein im Dollhouse. Willkürliches anything goes führt zu Sicherheitsproblemen.

Widerspruch

Echo!Crystal antizipiert dabei ja den großen Twist, dass sie als Omega den angestrebten Gottes-Zustand ablehnen wird, als Alpha ihr den Thron zeigt, und sie nach dem Klo fragt. Klar, humoristische throwaway-line, aber eben auch sehr real für die Situation die Alpha heraufbeschwört hat. Alphas Versuch, eine Frau in seinem (psychologischen) Ebenbild, eine Königin zu formen, geht ja nicht nur schief, weil Omega die Situation komplett anders interpretiert als er, sie geht auch daran zugrunde, dass Tim Minear (und Joss) uns den eigentlichen Atomismus, die eigentliche Hoffnungsbotschaft der Serie ins Gesicht knallen: Der Atomismus der Seele, die nicht gelöscht werden kann. Nietzsche wettert gegen diesen Atomismus vehement an, und Alpha ist so sehr beschäftigt Nietzsche zu zitieren, dass er nicht merkt, wie sehr er diesem Atomismus aufsitzt, wie sehr sein Verhalten von Karl William Kraft bestimmt ist, wie sehr auch Omega von Caroline bestimmt ist. Sein Motiv, sein Ritual versucht zu leugnen, was zu leugnen ist, und er zerstört beim Ausbruch Krafts Wedge und verlangt selbiges auch von Omega. Er verlangt das als Beweis dafür, dass Nietzsche Recht hatte. Er muss sich und Omega davon überzeugen, was nur aufzeigt, dass er sich dessen nicht sicher ist. Dass der Kraft ihn im durchschimmert und eben dieser Zweifel immer da sein wird. Ah, die Ironie, dass er genau daran zugrundegehen wird, und dass Spuren, die er im Außen (als Bobby im Flashback) bzw. im Vorher (als Kraft an Nita Walsh) hinterlassen hat, Carolines Rettung sein werden.

Während uns also die Serie ständig mit diesem Faden am Leben lässt, dass Caroline nicht gelöscht werden kann, dass dieser Atomismus tatsächlich in uns operiert, ist die Prämisse der Technologie natürlich (und Topher sagt es ganz explizit) die Negation davon. Der innerste Widerspruch bleibt nämlich der, dass, obwohl wir diesen Atomismus auch als narrative Fantasie brauchen, wir alle in dem System des Dollhouses leben, wo wir ständig gelöscht und neu erfunden werden. „Omega“ umgeht dieses Problem nicht und will es aber gleichzeitig (richtigerweise) nicht lösen. Es muss als die Grundspannung der Serie aufrecht bleiben. Kein Alpha, kein Explizieren dieses Widerspruches kann ihn dadurch wettmachen.

Reflexivität

Großartig war aber auch, dass (wie wir für Echo in „Echoes“ schon gelernt haben) Alphas Wahnsinn ja nicht mit dem composite event anfing. Er hat davor schon Probleme gemacht, denn gesellschaftliche Systeme greifen auch auf Prä-Wahnsinn Actives. Alpha ist der Autor (α) und er ist der Lover (Whiskey aufzuschlitzen, um sein Girl nach vorne zu bringen). Er flieht als Bobby dort hin, wo Karl William Kraft fast Nita Walsh umbrachte. Sein Subjekt (re)formt sich trotz der Wipes, und obwohl er Hölle nicht versteht, versteht er das Selbst, die Zuschreibung von Konsequenzen zu dem Selbst (das Unterzeichnen von Kunst), und dass das Selbst lieben wird. Echo hat das Selbst auch langsam angetastet („Caroline.“), und die Konsequenzen der Handlungen angesprochen, als sie Wendy!Caroline fragt, wie sie auf die bescheuerte Idee kam, sich ins Dollhouse stecken zu lassen. Aber die gewaltbehaftete Liebe, das Erkennen eines zweiten und dritten Selbst, wo das eine vom anderen bedroht und benachteiligt wird, dieses taking sides, diese irre Empathie die Alpha für Echo an den Tag legt, die fehlt ihr noch. Und dass gerade diese Empathie (und Whiskeys schreckliches Schicksal) an die „best“-Ideologie des Kapitalismus, des Dollhouse angebunden wird, ist umso ärger. Nebengedanke: Diese Empathie hat Victor für Sierra schon angedeutet. Ich sehe ne düstere zweite Staffel kommen.

Ich musste bei der Szene, wo Alpha Echo küsst und sie weder drauf eingeht noch es ablehnt, sofort an Sartres Konzept von Bad Faith denken, dass schon für Faith bei Buffy herrlich ausgeschlachtet wurde. Der Moment von Selbstreflexivität, der Redemption erst möglich macht, und der bei Faith in „Graduation Day“ und „Who Are You“ so grandios in Szene gesetzt wurde, ist natürlich durch Alpha in einem komplett anderen Licht dargestellt, und er bietet eine nette Basis für Echo in Staffel 2. Wie wird sie mit diesem Moment umgehen? Wie wird sie mit dem Messer in ihrem Bauch, mit dem Wort „Caroline“ umgehen? Hach, the stories to come.

Theologie

Die theologische Spannung der Folge zeigt sich darin, dass wir mit Alphas Lair endlich die Hölle, den Gegenpol zum Garten Eden des Dollhouses präsentiert bekommen. Im Dollhouse versteht Alpha die Hölle nicht, jetzt schon. Und Omega sagt ihm auch klar und deutlich, dass die sanfte Umgebung des Dollhouses die coolere Fantasie darstellt als die psychotische Selbstüberwindung, die Alpha ihr anbietet. Dies mag zwar eine ganz klassische Good vs. Bad-Debatte sein (Alphas composite event ist nicht zuletzt als die Geburt seines Höllen-Verständnisses, die Geburt der Moral dargestellt), eine Debatte, die auch ganz klassisch aufgelöst wird, indem Omega den Wahnsinn erkennt und dagegen vorgeht, aber ihr letztes Wort nach dem Wipe, „Caroline“, macht den großen Mislead der Serie klar: Ihr Erwachen wurde ständig und immer mit Alphas Wahnsinn und Pauls Obsession (also unseren Zuschauerfantasien) parallelisiert, aber ihr tatsächliches Erwachen entzieht sich alle dem. Ihr composite event kann gewiped werden, denn die Technologie greift tiefer als unsere, Alphas oder Pauls Fantasien. Am Ende kriegen wir also den Hint präsentiert, dass Echo selbst ein anderes Spiel erlebt, als nur die von Alpha und Paul heraufbeschworene Season One-Story. Ihre Entscheidung für Eden und gegen Hölle war eine herbeieskalierte (man Denke auch an die Klimax von „True Beliver“, wo die davor aus ihrer Perspektive immer im Recht seienden Fanaten over the (moral) edge gepusht werden mittels externer Intervention).

Dass in der Hölle die Überwindung des Selbst wartet ist dabei nur ein weiteres Indiz dafür, dass Post-composite-Alpha die Dollhouse-Technologie sehr genau verstanden und expliziert hat. Er benutzt sie exakt gleich wie das Dollhouse selbst, zum Erschaffen einer das Selbst transzendierenden Überrasse. Er benutzt es wie Adelle in „Haunted“ um Leben nach dem Tod zu erschaffen. Er bringt ein Opfer (denken wir an Priyas und Doms schmerzhafte Stuhl-Prozeduren in „Ghost“ und „A Spy in the House of Love“), um perfektes Leben („the truest soul[s] among us“) zu erschaffen. Dabei finde ich es besonders beachtlich, dass er dies an die alten Religionen und Hochkulturen abbindet und im Christentum eine schizophrene Religion loziert. Im Original-Drehbuch heißt es nämlich: “This is what we need. Yes, yes. A blood ritual. Gotta have one of those. The Aztecs knew it. So did the ancient Greeks. Then along comes the Christian God who’s all, “Say, I know, what if I incarnate as my own son and have myself sacrificed to myself” and ruins it for everyone. Talk about identity issues. Phfffft. But the old gods are back. Alpha... meet Omega.“ Man lasse sich diese Zeilen auf der Zunge zergehen, während man sich daran erinnert, dass er Wendy!Caroline (eine körperliche Inkarnation) Echo!Omega opfert. Diese schizophrene Reflexivität der christlichen Theologie kritisiert er, und sieht sie doch nicht in seinem eigenen Handeln oder im Stuhl. Ähnlich wie den Seelen-Atomismus, der von Topher auch an „the whole god thing“ angebunden wird, als Paul ihn anspricht. Das sind exakt die Themen, die also auch das Dollhouse ständig übersieht. In der bereits angesprochenen Reflexivität liegt logisch gesehen der Schlüssel zu diesen Widersprüchen/blinden Flecken. Jedes System, dass kompliziert genug ist, über sich selbst reden zu können (Christentum, Dollhouse, Alpha), kann seine eigene Widerspruchsfreiheit nicht beweisen (Gödel rocks). Aber gleichzeitig wissen wir aus „True Believer“ auch, dass Glück ohne selfawareness nicht geht. Talk about identity issues.

Ein netter Nebenstrang im Alpha-Omega-Dialog, der aus der Folge rausgeschnitten wurde, ist auch die Idee, dass die Körper der Menschen Behälter für die Seelen sind: „They had to make room in me for it... they hollowed me out. There is no me... I’m just a container. You think anybody would worship us? Be like worshipping a cup.” Die Technologie macht diese leere Hülle explizit, da sonst das Gehirn implodieren würde. Die Actives müssen Kinder sein. Aber der Twist ist natürlich, dass Alpha entgegnen kann, dass der symbolische Akt der Einschreibung, des Imprintens in leere Hüllen theologisch schon eine Vorgeschichte hat: „People have worshipped cups. What about the Holy Grail?“ Die ultimative Leere eines Symbols, die tatsächliche Willkür, mit der es belegt und gefüllt wird, ist trotz allem Seelen-Atomismus eine wichtige Komponente dieser Serie. Es ist die besagte leere Echo, die all die Folgen davor angefangen hat, sich selbst zu realisieren, sich selbst zu imprinten.

Evolution

Aber neben aller theologischen Bandbreite macht sich „Omega“ auch große Mühe, den Evolutionsbegriff einzubauen. Schließlich ist was Alpha anstrebt nicht nur eine gottartige Existenz, es ist auch der nietzscheanische Übermensch, ein transhumanistisches Ziel: Das Überwinden des Selbst, der Vergangenheit als unausweichliche Weiterentwicklung zu etwas Besserem. Dabei wird dies von Paul sehr dunkel konterkariert, wenn er feststellt, dass auch Kraft dabei war sich zu entwickeln, als er fast Nita Walsh umbrachte: „When they finally picked up Kraft, they found a whole murder kit in his car. He was evolving.” Technologie, die seit jeher als cornerstone der menschlichen Weiterentwicklung zum Besseren herhält, wird hier also zum mörderischen Wahnsinn. An dieser Stelle wird Dollhouse wie nichts, was Whedon bisher gemacht hat, zu Sci-Fi. Es ist eine Frage nach den gesellschaftlichen Implikationen einer Technologie. Nur Serenity, der Film, hat bisher derartige Fragen gestellt, und die Dunkelheit, die dort davon ausging, war aber nicht ansatzweise so tragisch, fragwürdig und weitreichend, wie das, was die Dollhouse-Technologie zu bieten hat. Dieses epische Finale findet nicht umsonst in einem industriellen Komplex, einem Produkt des technologischen Fortschritts, statt, und der carbon footprint, der schon in „Briar Rose“ Thema war, wird auch nicht umsonst nochmal herbeizitiert. Der transhumanistisch-technologische Kniff ist wie der theologisch-moralische gefährliches Gebiet. Beide bieten keine Antwort darauf, was tatsächlich unter Empowerment, Verbesserung und zwischenmenschlichem Zusammenleben zu verstehen ist. In mehr als nur einer Art und Weise stehen sie sogar dazu in Antithese, denn sie implizieren den Allquantor: „We’re not anything. We’re not anybody. Because we’re everybody.“ Und wenn diese Technologie existiert, dann wird sie global sein.

Gleichzeitig ist aber die große Awakening Story von Echo auch kodiert als eine Form von Evolution, als ein Transzendieren ihres kindlichen, gelöschten Zustandes. Wir haben also noch immer gute Optionen vor uns, auf dem Weg der Weiterentwicklung. Es muss also nicht immer alles trostlos sein. Und Echo!Omega deutet ja auch an, dass Evolution, wenn sie in irgend einer Art und Weise zum Besseren ablaufen soll, mit Misogynie aufhören muss. „At minimum, you don’t cut up women.“ nur weil sie nicht sein Girlfriend sein will. Talk about a mission statement. Talk about morality.

Moral

Wie ähnlich sich die scheinbaren Gegensätze in dieser Folge also auch waren (Alpha und das Dollhouse, Alpha und Omega, Paul und Boyd, Echo und Caroline), so kompromittiert ist auch unsere moralische Identifikation mit ihnen. Wie kaum eine Folge bisher bringt uns „Omega“ auch den Rezeptionsabgrund keine Ahnung mehr zu haben, wofür und wogegen wir eigentlich sind. Paul war für mich moralisch seit „A Spy in the House of Love“ nicht mehr haltbar. Und just in der Folge, wo meine Missgunst eine explizite Befriedigung findet (nämlich als “Ja, der Arsch arbeitet jetzt tatsächlich für die Ärsche.”) rettet er fucking November, den eigentlichen Grund für meine Missgunst. Just in der Folge, wo Dr. Saunders sich als Opfer, als vielleicht traurigste Active herausstellt, serviert sie Victor diese Rede an den Kopf, deren Gemeinheit und Tragik nur wir, nicht einmal Victor oder Saunders selbst kapieren. Und am Ende gibt’s nen Lolli für den neuen Scarred Active. What the hell is going on here?

Besonders elegant finde ich aber, dass “Omega” eine moralische Position expliziert, die wir in “Man on the Street” kurz kennengelernt haben, nämlich dass es keinen Vertrag geben kann, der Menschenrechte wegdiskutiert. Diese Erinnerung an die legale und moralische Unakzeptierbarkeit dieser Technologie brauchte das Finale, um einen Gegenpol zu bieten zu dem „Ja, klar ist das gefährlich, guck dir Alpha an!“ in das wir die ganze Folge hineinkonditioniert werden. Die Technologie ist nicht gefährlich, weil sie Alpha herbeiführen kann. Sie ist gefährlich weil sie das Ende der Menschheit darstellt. (Sowohl die Obama-Zeile als auch die köstliche Idee, das Dollhouse mit Terrorismus zu verbinden, fand ich übrigens im Gegensatz zu vielen US-Fans perfekt und sehr angebracht.)

Magic

Auch sehr schön finde ich, wie Magie (seit „The Target“ und „Haunted“ ständig auf dem Tablett) hier nocheinmal aufgegriffen wird. Echo!Crystal interpretiert den Stuhl als Trick, und auch wenn wir wissen, dass Adelle gerne zugibt, dass Illusionen und Fantasien das Herz der meisten Beziehungen darstellen, weiß sie auch, dass sie die Wahrheit anbietet. Keine Zombies, wahre Seelen, true believers, the real deal. Echo!Crystals „I don’t get it.“ ist dabei für mich der stärkste Identifikationsmoment in der Folge gewesen: Das ist tatsächlich nicht zu getten. Diese Prämisse, diese Technologie hebelt zu viel aus, an das wir fest glauben müssen, um zu überleben, damit unsere Körperfunktionen und Wörter funktionieren. Diese Technologie ist wie die gesamte erste Staffel eine große, magische Aushebelung der gesellschaftlichen Grundbausteine Körper, Seele und Subjekt. Sie ist, wie Boyd so schön sagt, gleichzeitig Tod und Geburt. Die Tatsache, dass uns das als Magic Trick vorkommt, ist der beste Grund dafür, dass es noch so viele Geschichten zu erzählen gibt. Bis wir endlich kapieren „what makes this place tick, what makes it wrong“ (Joss Whedon).

Paul

Paul ist dabei besonders spannend, da er natürlich nicht Echos Freiheit einfordern kann, da er Echos Freiheit nicht braucht. Er braucht Caroline, und somit die Technologie, die Caroline negiert. Er muss innen daran arbeiten. Sehr schön, wie dieser Gedanke dadurch expliziert wird, dass er November rettet, weil er Madeline nicht kennt, weil er sie erst ganz am Schluss erst kennenlernt. Sie hat nicht dasselbe Gewicht, weil er nur das Endprodukt der Technologie, Mellie, kennengelernt hat, nicht das ursprüngliche, laut ihm ermordete Opfer, Madeline. Was ihn natürlich nicht sympathischer macht, denn warum sollte Madeline weniger gelitten haben als Caroline? Hat sie nicht. Beide haben einen geliebten Menschen verloren. Pauls (und unsere) Lage ist dadurch verkompliziert, dass er den völlig unwahrscheinlichen best case herbeibeschworen hat, nämlich dass das Dollhouse tatsächlich die Verträge einhält, und die Menschen glücklich wieder entlässt. Er und wir sahen es vor unseren Augen. Das Drehbuch hat als Anweisung für Pauls Szene beim Beobachten des November-Imprintens stehen: „He’s repulsed and fascinated.“ (Talk about a perfect summary of the whole show!) Nichts ist einlullender als die Wahrheit. Und Sierra sagt uns ja auch, dass Paul nicht kalt ist, auch wenn er laut November ein Möbelstück (ein Stuhl vielleicht?) ist. Mal sehen wie wir da wieder rauskommen.

Märchen

Während ich das schreibe, ist das Unglaubliche also tatsächlich passiert. Diese völlig absurde und verrückte kleine Serie hat auf dem großen Action-Network eine zweite Staffel erhalten, und gegen alle Wahrscheinlichkeiten an irgendwas in den Bossen angeregt, dass sie zurückgebracht werden musste. Wir wissen, dass Finanzen dabei eine große Rolle spielen. Aber wir wissen auch, dass die Chefs und Bosse dieses Staffelfinale lieben und Joss dabei zusehen wollen, wie er ein stabiles SF-Franchise daraus bastelt. Ein Franchise, das gewagter und interessanter nicht sein kann. Der Magic Trick passiert auch in der echte Welt, wo Dollhouse die schlechtest gesehene Primetime-Serie aller Zeiten ist, die je auf einer der vier großen Sender verlängert wurde. The little show that could. Dass die Metaebene, die industrielle Einbettung dieser Serie, das eigentlich größte Märchen darstellt, ist ein netter ironischer Twist, denn die Narrativität von Märchen wurde in der ersten Staffel durch alle Fleischwölfe des TV-Serien Baukastens gezogen. War Firefly ein Märchen, das von Fox wie ein Albtraum behandelt wurde, ist Dollhouse ein Albtraum, der wie ein Märchen behandelt wird. Sogar „Epitaph One“ dürfte ausgestrahlt werden. Und 13 bis 22 Folgen von Staffel 2 kommen erst noch auf uns zu.

Spekulationen und Randbemerkungen
  • Es ist deutlich zu spüren, dass die Folge gefühlte drei Stunden im Director’s Cut dauerte. (Es waren glaub ich tatsächlich 62 Minuten.) Alphas Flucht fehlt völlig, und November und Sierras Imprint führt ins Nichts. Das Original-Drehbuch gibt uns tollerweise die Möglichkeit, alle diese Szenen nachzuerleben. Pauls „Therapy!“-Joke sei hierbei als besonders köstliches Detail, das rausgeschnitten wurde, erwähnt. Und wie Echo!Omega Alpha dazu bringt, den Wedge wegzuwerfen ist im Script deutlich nachvollziehbarer als die „Du kannst mich locker aus der Entfernung erschießen, ich bin keine Gefahr für dich und habe keine Deckung!“-Situation in der Folge.
  • Momente, die nun eine wahnsinnige zweite Ebene erhalten haben: Dr. Saunders, als sie (ich glaube in „Stage Fright“) zu Boyd über Echo sagt: „She wasn’t always the best.“ Auch ihr Date-Suchen mittels meetcute.biz ist jetzt nur mehr spooky.
  • Boyd kam wohl auch wegen/mittels eines Mädchens zum Dollhouse. Staffel 2, here we come.
  • Dass die Paul-Messages immer noch Dom zugeschoben werden, erscheint mir immer noch etwas spanisch. Neue Idee: Dr. Saunders hat schließlich etwas zu viel Computer Skills bekommen.
  • Tophers Gesicht, als ihn Dr. Saunders fragt, warum er sie programmiert hat, ihn zu hassen, ist unglaublich. Wenn es eine Form von Schuldgefühl ist, ist der Twist umso heftiger, denn dann ist es nicht Dr. Saunders, die die Narben als Erinnerung mit sich rumträgt, sondern Topher. Die „Everyone who excels is running from something.“-Zeile in „Ghost“ war genau dann, als sein Blick auf sie fällt. Und er meinte wohl sowohl sich als auch sie.
  • Mein Herz blieb fast stehen, als Adelle zu Topher sagt „Keep looking.“, aus dem Bild geht und Dr. Saunders offenbart. Tim Minear directed the shit out of this episode.
  • Überhaupt, die perfekten Whedonverse-Schnitte von Lars-am-Stuhl-gefesselt zu Paul am Stuhle-gefesselt, von Caroline-auf-dem-Weg-zum-ersten-Wipe zu Paul-beim-Stuhl.
  • Die „We’re not bluffing. I’m bluffing.”-Zeile war pure Perfektion. Alan Tudyk ist ein absurd guter Schauspieler.
  • ”Why is there a tall, morally judgmental man in my imprint room? Besides him?” Hach.
  • Die Whiskey!Crystal-Alpha!Bobby-Natural-Born-Killers-Szene finde ich mit jedem mal schauen unfassbarer. So sexy, so schirch, so böse.
  • Joke der Folge? Dass Alpha in der Crafts Area erstmals wieder zu Kraft wurde.
tauben - 21. Mai, 21:46

vielen dank für die großartige analyse bzw. für den großartigen kommentar, oder überhaupt für das ganze weblog. ich lese hier sehr gerne mit, muss allerdings sagen, dass ich es sehr schwer finde, lange texte mit weisser schrift auf schwarzem grund zu lesen. ich weiss nicht, wie es den anderen lesern geht, aber meine augen beansprucht das sehr, was die lektüre solcher einträge wie diesem ein bisschen erschwehrt. :-/

wiesengrund - 21. Mai, 21:52

Believe me, bei jeder Review dachte ich mir bisher: "Das ist VIEL zu lang! Den Leute werden die Augen rausfallen!" Meine Versuche, die Länge der Reviews etwas einzuschränken, sind offenbar kapital gescheitert.

Ich werd mir was überlegen in den nächsten Wochen. Neues Layout, das wär ja auch mal was.
tauben - 21. Mai, 23:24

die länge finde ich schon super, zumal sie so schön unbloggig und untwitterig ist. vielleicht ein bisschen reaktionär von mir, aber na ja, so what. neues layout wäre vielleicht in der tat mal ein task für die zeit zwischen den staffeln. ;-)

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