Dark Angel ist so eine Sache. An sich ist es zum Augenrollen verleitendes Mainstream-Fiasko, mit einer schauspielerisch kaum bemerkenswerten
Jessica Alba und einer Idee von
James Cameron, just nach Titanic. Es gibt Stellen, wo sie gar allzu "Wow!" sein wollen, und dabei höchstens peinlich wirken. Aber abgesehen davon (und so viele derartige Stellen sind's eh nicht), stellt sich heraus: Das ist ne gute Serie gewesen.
Dark Angel lief auf Fox, für 2 Jahre, 42 Folgen lang, bevor es abgesetzt wurde. James Cameron erfand es und drehte das (wie sich herausstellte) Serienfinale (sein TV-Debüt), aber es half alles nichts. Jessica Alba spielt Max, eine von einer geheimen Regierungseinrichtung namens Manticore genetisch aufgemotzter Super-Fighter. Max entkam im Kindesalter, und versucht seither ein normales Leben zu führen. Klappt natürlich nicht.
Warum
Dark Angel hier besprechen? Weil
Dark Angel (nicht nur) personell enorm mit dem Whedonverse verknüpft ist. Wir haben große
Buffy-Anleihen in der Storyline eines feschen Mädchens mit Superpowers, das versucht ein "normal life" zu leben, dass auf die Mithilfe ihrer Freunde angewiesen ist, und wenn's ganz hart auf hart kommt, auch mal ne Armee an Gleichgesinnten schaffen muss, um zu bestehen. Ihre (bald rausgeschriebene) anfängliche Mitbewohnerin heißt Kendra. Der Big Bad der zweiten Staffel wäre im Buffyverse überhaupt nicht als merkwürdig aufgefallen, und wurde eventuell sogar inspiriert von
Buffys vierter Staffel.
Dark Angel ist jedoch pretty unique dadurch, dass es, sobald man etwas wegguckt vom main plot (einer okayen, etwas faden, aber z.B.
Pushing Daisies gravierend antizipierenden Liebesgeschichte) oder den Big Bads oder meinetwegen auch von etwas eindimensionalen Hauptcharakteren (immerhin hat
Dark Angel auch enorme
Star Trek-Verschränkungen, da sind Leichen als Rollen nicht unerwartet), feststellt: They tried. Und wie.
Die Atmosphäre von Dark Angel ist brillant. Ein Seattle, nachdem Terroristen eine EMP-Bombe über die USA ergehen haben lassen. Also Steinzeit-aber-on-the-way-upwards. Das mitunter schönste postapokalyptische Setting, das ich je gesehen habe. Folgerichtig cool auch der soziale Fokus von Max und ihren Freunden, der Job: Fahrradkuriere. Macht nicht nur Sinn, sondern ist ein perfektes Vehikel uns diese kaputten Straßen, das hinige Seattle zeigen zu können, hier eine verlassene Fabrik, da eine Block Party. Muss höllisch teuer gewesen sein. Am stärksten erinnert mich das Setting an die unglaublichen visuellen Welten von
Deus Ex, und die militärische Kontrolle, unter der die USA nach dem Pulse liegt, passt da auch ganz gut hin. An jeder Ecke Soldaten, Sektor-Kontrollen, etc. Very cool gemacht. Cyberpunk hatten wir beim Whedonverse halt höchstens gestriffen. Hier ist es in full effect.
Auch dadurch wird es zum exakten Gegenteil von
Buffy: Ist
Buffy eine der weißesten Serien die ich kenne, suburban und so, ist
Dark Angel Hip Hop pur. Nicht nur via dem Soundtrack (Chuck D machte den Titeltrack), sondern auch via der Charaktermischung und einer sehr expliziten Bearbeitung von Otherness als Thema. Die Nebenrollen bei Dark Angel sind so wunderbar breit gefächert, dass es fast schon verwundert, warum so eine halbgare Alba da an vorderster Front stehen muss. Original Cindy, ihre dann-Mitbewohnerin, schwarz und lesbisch, ist einer der unglaublich tollsten Nebencharaktere, die ich je gesehen habe. Ihr Wortschatz ist phänomenal. Sketchy ist der immer-sympathische Trottel/Xander. Normal ein wirklich herrlicher Boss, der natürlich nichts wirklich richtig versteht, und selbstverständlich volle Kanne gegen alles wettert wofür Max steht. Und dann gibt es noch die Mutanten. Zack, der große, mitgeflüchtete Bruder, der Max‘ Wunsch nach einem Leben nicht versteht, in der ersten Staffel. Ist einmal Manticore erledigt und die Mutanten frei, stoßen Alec, ein hormonoider, aber cooler Stausee und Joshua, der erste Mutant, der noch dazu super mit Max chemiert, dazu. Bei den Nebensträngen sitzt wirklich jede Note. Die One-Time-Guests sind allesamt toll, ein
Rainn Wilson war z.B. als großartiges
Dark Angel-Mystery of the week lange vor
Six Feet Under und
The Office höchst sehenswert.
Die main story kann sich manchmal etwas ziehen, sicher, aber auch hier merkt man effort: Die beiden Staffeln haben komplett unterschiedliche Prämissen, bleiben diesen veränderten Bedingungen treu. Kein Reset-Button. Die Big Bads bauen auf einander auf, erweitern unser Wissen, vertiefen sich. Die Charaktere wachsen mit, war Max noch die rebellische Flüchtige im Vergleich zu Zack in Staffel 1, wird sie als Verantwortliche für die Mutanten-Flut selbst zur großen Schwester und Anführerin in Staffel 2. Auf mehr als nur einer Ebene ist das Buffys Entwicklung in a mild nutshell.
Aber dadurch, dass der Humor nicht so spritzig ist wie bei
Buffy und durch das Setting ist eben auch klar: Wenn das hier ist eine Version von
Buffy ist, dann eine düstere.
Dark Angel lief am selben Abend und zum selben Timeslot wie
Angel. Nur eben mit einem Wort mehr im Titel. Auch eine süße Querverbdinung:
Dark Angel wurde für
Firefly abgesetzt, man gab aber Whedon einen jungen Autor mit auf den Weg:
Jose Molina, executive story editor von
Firefly und Schreiber von "Ariel" und "Trash", hat bei
Dark Angel die mit-besten Folgen geschrieben. (Ein anderer wichtiger Autor wäre
Doris Egan, der später bei
House für Großartiges verantwortlich war.)
Okay, warum aber das alles hier, auf einem
Dollhouse-Blog? Erstens weil Eliza selbst ihre Rolle als
Dark Angel-inspiriert
beschrieben hat. Und zweitens, weil
Dark Angel aufgrund seiner Darkness und der großen conspiracy-theory-Storyline absolut sowas wie ein ungewöhnliches, externes Missing Link zwischen
Buffy und
Dollhouse werden könnte. Also wer den Sommer über sich atmosphärisch auf
Dollhouse einstellen möchte, der oder die kann gerne den Versuch wagen, Cameron und Alba ne Chance zu geben. Muss nicht klappen. Tat es aber bei mir deutlich besser als erwartet.