Review: 1x10 „Haunted“
Bei whedonesque hat NYPinTA über Tophers Story in “Haunted” geschrieben: „He didn't tell Boyd because to say it out loud is what would make it sad. But being able to do it makes it cool. That's Topher.” Nicht nur ist das die perfekteste Zusammenfassung von Topher, die ich bisher gesehen habe, es ist auch ein Hinweis auf alles, was Dollhouse als Serie ausmacht. So wie vor zwei Wochen, als wir in „A Spy in the House of Love“ die epische Tragik dieser Leute bestaunt haben, ist es das tatsächliche aussprechen der Themen und Fragen, die dieser Serie zugrundeliegen, das die Sache erst so richtig traurig macht. Und, boy, war „Haunted“ traurig.
Dies liegt nun nicht nur daran, dass in den Händen von Jane Espenson (erstes Dollhouse-Script!), Maurissa Tancharoen (Whedon?) und Jed Whedon sogar die klassischste Whodunnit-Mord-ist-ihr-Hobby-Klischeestory irgendwie berührend umgesetzt wird, sondern auch daran, dass B- und C-Story zusammen mit dem Undercurrent der A-Story, der Frage nach dem ewigen Leben und der Kraft dieser Technologie, einfach ein super Paket abgeben. Sehr unterhaltsam, bis zu dem Punkt, wo ausgesprochen wird, wie traurig es ist. Für eine Stand-alone-Folge, nicht schlecht, mich fast zum Weinen zu bringen. Klar, der Big-Picture-Fanboy in mir hat gern Mythologie-Kolosse wie „A Spy…“ und freut sich auch gewaltig auf den kommenden Zwei-Teiler am Schluss der Staffel. Aber ein anderer Teil von mir liebt „Haunted“ dafür, was es ist: Ein sehr trauriger Moment auf einer langen Reise von traurigen Momenten, die sich mit dem „Wie geht’s weiter?!“-Prinzip allzu oft gegenseitig negieren. Schön, mal stehenzubleiben, und kurz umgeworfen zu werden.
Let’s SPOILER.
Das Ich im Du
Einer der schönsten Aspekte der Folge für mich war die Idee, dass das Dollhouse mit dem Bedienen von Fantasien auch dafür herhält, Menschen zu ermöglichen sich selbst in den Fantasien zu platzieren. Dies schwingt natürlich immer mit bei dem Konzept, aber diesmal wurde es in all seiner Traurigkeit ausgesprochen: Klient und Imprint sind diesmal ident, Margaret platziert sich selbst in Echo’s Körper. Dass dies das Thema ist, dass alle drei Storys zusammenhält, ergibt sich nicht nur daraus, dass Topher sich selbst in Sierra tut, das ergibt sich auch daraus, dass Paul seinen Hass und seine Wut in Mellie hineinsteckt, wildly. Boy, wenn man es ausspricht, ist es echt traurig.
Dies ist als Explizierung auch spannend, wenn man bedenkt wie Margaret und Adelle hier verbunden wurden. Adelle hat gerade letzte Woche aufgehört, sich selbst in Puppen zu verwirklichen. Es ist schon schön (und traurig), dass die Gemeinsamkeit zwischen Adelle und Roger, die uns als erstes aufgetischt wird, das Britischsein ist, und dass Adelle in ihrem ersten lichten Moment der fallenden Hemmschwellen in „Echoes“ dies als ihre aller-allererste Eigenschaft nennt. Während Margaret also zu einer große Selbst-Reflexion aufbricht, indem sie im Nachtod erfahren kann, was die Leute von ihr wirklich dachten, sitzt Adelle mittlerweile im Dunkeln und guckt auf Bildschirme, wo sie die Wahrheit über die anderen – in dem Fall: Topher – beobachtet. Ihre Offenbarungen und Öffnungen haben sich als Wunden herausgestellt. (Nett, dass Boyd im Hintergrund steht, den wir ja auch schon mal als jemand beschrieben bekommen haben, der sich nur um die Probleme anderer kümmert.)
Tod
Für eine stand-alone Folge ist es dann wiederum doch auch erstaunlich, wie stark sie sich an die bisherigen Themen anbindet, in dem Fall, an den Piloten, „Ghost“. Damals war Echo auch eine tote Frau (bzw. ein Amalgam aus einer toten Frau und so manch anderen Stückchen), und sie kam als Geist zurück um Peiniger ihrer Vergangenheit (in einem gewissen Sinne auch ihren Mörder) zu konfrontieren. Wie auch Sierra in „Needs“, wenn wir akzeptieren, dass ein Teil von uns (und Paul) den Wipe als Mord anzusehen, und das Eintreten ins Dollhouse als eine Art Tod zu deuten. Das Dollhouse ist der Ort, wo eine Fantasie wie das Leben nach dem Tod ausgespielt werden kann. Es selbst ist ja so eine Fantasie. Das Dollhouse ist wie das Bashford-Haus haunted, es wird von Geistern bevölkert. Unser Leben ist gebunden und gezwängt in die ewige Kausalität des Daseins, der Tatsache, dass unser Handlungen Konsequenzen haben, und wir zu ihnen stehen müssen. Dies wird auch oft Moral genannt. Die religiöse Deutung sagt, wenn du nicht gute Sachen hier tust, wirst du nach dem Leben Probleme haben. Was du tust, hat Auswirkungen. Und haben wir Gott höchstpersönlich (Adelle), der in „Ghost“ diesen ersten Dialog, dieses wichtigste aller Themensetting, abschließt, mit der Frage, was wäre, wenn die Handlungen endlich keine Konsequenzen hätten. In das Dollhouse einzutreten ist nicht nur eine Aufgabe von Macht, eine Unterwerfung (mal auf Latein aussprechen…), es ist auch (und das ist der Payoff!) eine Aufgabe von Verantwortung. Als ob der mühsame Part des Lebens vorbei wäre, in dem man immer gemessen und beurteilt wurde. Im Dollhouse lebt es sich völlig irrelevant.
Aus der Perspektive ist es auch das Paradies, der Garten Eden, wo Adam schon mal ausgezuckt ist, und Eva grad auf dem Weg dorthin ist. Und Victors Schlange schleicht auch herum. Die Actives sind Geister, laut Paul ermordete Wesen, mit denen er träumt Sex zu haben, nein, mit denen er sogar tatsächlich Sex hat. Die Technologie selbst ist herbei deutlich ambiger als die Fantasie, die das Dollhouse selbst darstellt. Denn Margarets Imprint schwebt in Datenbanken, kann kopiert, immer wieder reproduziert und aktiviert werden, eine Nachtod-Variation, die wir schon in „Man on the Street“ entdeckt haben, als Mynor seine Frau jährlich wiederauferstehen lässt. Das ist der Trick daran. Adelle weiß um diese Ambiguität, wenn sie sagt, dass es eine Illusion des Afterlife ist, und dass besagte Illusion (Pauls Traum z.B.) das Herz der meisten Beziehungen (zwischen Paul und Mellie z.B.) ist. Sie weiß aber auch, dass das Dollhouse selbst ein Ort der Wahrheit ist (wie sie in „The Target“ so schön ausführte): „Tricks are illusions. What we offer is truth.“ Aus diesem Zwiespalt kommt sie nicht heraus, dieser Widerspruch nagt an ihr. Sie ist 10 Jahre jünger als Margaret und – oddly – 15 Jahre älter. Sie verliert Margaret einmal, und gerät tatsächlich in die emotionale Zwickmühle am Ende, wenn sie sie noch einmal verliert, wenn sie sie umbringt, and jenem Ort, an dem sie schon – schmerzhaft – Dominic umgebracht hat. Dass Margaret am Ende fragt, ob ihr Leben an ihren Augen vorbeiziehen wird, damn, wenn das mal nicht einer der stärksten Moment dieser Serie bisher war. So literal, so wahr, und doch so falsch.
Konflikte
Was so ein fantastischer und widersprüchlicher Ort aber auch bieten kann, ist eben ein Ruhepol, diese sanitäre Sauberkeit und Konfliktfreiheit. Wir haben in den letzten Folgen gesehen, dass das Dollhouse selbst derzeit daran zugrunde geht, dass die interne Ordnung aufgehoben wird. Die Chefs sind auf Drogen, die Actives glitchen wie verrückt, Alpha schwebt im Hintergrund und innen drin gibt es Spione. Als Topher in „Gray Hour“ gesagt hat, dass die Actives sich da drin wohl fühlen, weil es so konfliktfrei ist, so wissen wir, dass derzeit alles nicht ganz so eitle Wonne ist. Topher selbst ist hierbei ein netter Gegenpol: Wie die Actives selbst, findet er die Welt draußen zu kompliziert, um echte Freunde zu finden. Draußen gibt es Alphas und konkurrierende Programmierer. Chaos. Er schickt sogar Ivy für die kleinsten externen Aufgaben wie Essen holen. Topher selbst sieht das Dollhouse noch immer als konfliktfreie Spielwiese an, wo er Geburtstag feiern kann. Für die Actives aber warten draußen nicht nur Konflikte aus ihrer Vergangenheit (vor ihrem Mord), also Ms. Penns Vergewaltiger, Priyas Vergewaltiger, Margarets Mörder (der – huch – sie auch mal gegen ihren Willen geküsst hat), es schwebt in der Wiederauferstehungsgeschichte auch die Möglichkeit, solche Konflikte zu lösen. Ms. Penn und Margaret konnten ihren Mord aufklären, die Sachen richtig stellen. Wenn das mal nicht eine mächtige Fantasie ist: Selbst im schlimmsten aller möglichen Fälle, kann das Dollhouse mit seiner Technologie die Möglichkeit bieten, die alte Ordnung, das Gleichgewicht wiederherzustellen.
Die Technologie hat aber eine Kehrseite, da sie den Personen nicht wirklich die Möglichkeit von Closure geben kann. Closure mit kurz darauf folgendem Tod schießt etwas übers Ziel hinaus. Ms. Penn hat relativ wenig von ihrem Erfolg in „Ghost“ – sie bleibt tot. Auch Priya schafft es nur, grad noch weit genug von ihrem Peiniger zu entkommen, um einzuschlafen. Und Margaret kann die Früchte des wiederhergestellten Gleichgewichts nicht mal bis zur Staatsgrenze genießen, bevor sie von Adelle wieder gelöscht wird. Für die Imprints ist (wie für die Actives) die eigentliche Fantasie wahr geworden: Für sie haben diese Handlungen keine Konsequenzen, weil das Dollhouse eben diese negiert. Nur draußen, in der wirklichen Welt, bleiben die Spuren übrig. Wie bei Paul.
Paul
Ich war mir ja von Anfang an darüber im klaren, dass Dollhouse als Text wie Buffy Staffel 6 gelesen werden soll. Joss hat uns das quasi aufgetragen. Aber es ist schon bezeichnend, dass wir dort nach 6 Jahren zu Momenten gekommen sind, von sowas wie einer „Dark Willow“ reden zu können, und uns über die epische Dunkelheit und Tragik der Situationen zu befragen. Bei Dollhouse sind wir bei Folge 10 schon bei einem Dark Paul angelangt. Ein Dark Paul, dessen Handlungen und Gefühle mich ehrlich gesagt sprachlos lassen. Wenn es einen Beweis dafür gibt, welche Art von Konsequenzen diese Technologie da draußen anrichtet, dann ist es Pauls Story. Seine thematische Breite ist dabei mindestens so beachtlich, wie seine thematische Tiefe: Er ist nicht nur an dem Punkt angelangt, Mellies völlig klischeehaften (aber mit dem Wissen darum, was sie ist, unfassbar traurigen) Monolog als Turn-on zu empfinden, seinen Hass und seine Wut auf die Situation, das Dollhouse und sich selbst, sexuell an ihr auszuleben, nein, neben dieser Feststellung, er sei ein Klient, ist Paul natürlich auch als Audience-Anker ein Active. Im Verlauf der Serie sehen wir nämlich nichts weiter als eine Projektionsfläche für uns wie für das Dollhouse, die Schritt für Schritt (statt in einer Sekunde) imprinted wird.
Paul fängt als Puppe an (erster Satz über ihn: „You have been assigned to the case designated ´Dollhouse´…”) und wird seither Schritt für Schritt von den außerweltlichen Konsequenzen der Technologie geformt. Von Alpha, der immer noch das gefährlichste Resultat der Technologie darstellt, und der massiv als das „Außen“ des Dollhouses markiert ist. Von Lubov und den damit verbundenen Kugeln. Von Echo und November, die ihm auch sagen, dass jemand von außen eine „person inside“ hat. Paul erinnert uns ständig daran, dass das Dollhouse keine hermetische Institution ist, dass sie weit über die Überwachungskameras und Fernsehkameras hinaus einen emotionalen Einfluss auf die Welt hat. (Wie Boyd, als er Adelle fragt, was es für globale moralische Konsequenzen hätte, wenn das Dollhouse tatsächlich das anbieten würde, was es anbietet.) Wie wir Zuseher wird Paul Schritt für Schritt compromised und verletzt. Joss weiß, was er uns antut, denn er zeigt es uns mittels Paul. Sex mit Actives? Passend, wie eine der größten Fandebatten seit Anbeginn der Serie immer schon war, wie Joss im TV über Ausbeutung philosophieren kann, wo er doch selbst Eliza ständig sexy herumstolzieren lässt. Diese Zuseherfantasie ist materialisiert in Paul. Wie auch die Fantasie, Echo zu retten. Dass gerade seine Story also auf einen emotional vernichtenden schwarzen Punkt hinkulminiert, macht mir ehrlich gesagt Angst. Da ist also der kompromittierte Zuseher, der sich seiner Komplizenschaft bewusst wird. Da ist es also wieder, das Ich im Du.
Spekulationen und Randbemerkungen
Dies liegt nun nicht nur daran, dass in den Händen von Jane Espenson (erstes Dollhouse-Script!), Maurissa Tancharoen (Whedon?) und Jed Whedon sogar die klassischste Whodunnit-Mord-ist-ihr-Hobby-Klischeestory irgendwie berührend umgesetzt wird, sondern auch daran, dass B- und C-Story zusammen mit dem Undercurrent der A-Story, der Frage nach dem ewigen Leben und der Kraft dieser Technologie, einfach ein super Paket abgeben. Sehr unterhaltsam, bis zu dem Punkt, wo ausgesprochen wird, wie traurig es ist. Für eine Stand-alone-Folge, nicht schlecht, mich fast zum Weinen zu bringen. Klar, der Big-Picture-Fanboy in mir hat gern Mythologie-Kolosse wie „A Spy…“ und freut sich auch gewaltig auf den kommenden Zwei-Teiler am Schluss der Staffel. Aber ein anderer Teil von mir liebt „Haunted“ dafür, was es ist: Ein sehr trauriger Moment auf einer langen Reise von traurigen Momenten, die sich mit dem „Wie geht’s weiter?!“-Prinzip allzu oft gegenseitig negieren. Schön, mal stehenzubleiben, und kurz umgeworfen zu werden.
Let’s SPOILER.
Das Ich im Du
Einer der schönsten Aspekte der Folge für mich war die Idee, dass das Dollhouse mit dem Bedienen von Fantasien auch dafür herhält, Menschen zu ermöglichen sich selbst in den Fantasien zu platzieren. Dies schwingt natürlich immer mit bei dem Konzept, aber diesmal wurde es in all seiner Traurigkeit ausgesprochen: Klient und Imprint sind diesmal ident, Margaret platziert sich selbst in Echo’s Körper. Dass dies das Thema ist, dass alle drei Storys zusammenhält, ergibt sich nicht nur daraus, dass Topher sich selbst in Sierra tut, das ergibt sich auch daraus, dass Paul seinen Hass und seine Wut in Mellie hineinsteckt, wildly. Boy, wenn man es ausspricht, ist es echt traurig.
Dies ist als Explizierung auch spannend, wenn man bedenkt wie Margaret und Adelle hier verbunden wurden. Adelle hat gerade letzte Woche aufgehört, sich selbst in Puppen zu verwirklichen. Es ist schon schön (und traurig), dass die Gemeinsamkeit zwischen Adelle und Roger, die uns als erstes aufgetischt wird, das Britischsein ist, und dass Adelle in ihrem ersten lichten Moment der fallenden Hemmschwellen in „Echoes“ dies als ihre aller-allererste Eigenschaft nennt. Während Margaret also zu einer große Selbst-Reflexion aufbricht, indem sie im Nachtod erfahren kann, was die Leute von ihr wirklich dachten, sitzt Adelle mittlerweile im Dunkeln und guckt auf Bildschirme, wo sie die Wahrheit über die anderen – in dem Fall: Topher – beobachtet. Ihre Offenbarungen und Öffnungen haben sich als Wunden herausgestellt. (Nett, dass Boyd im Hintergrund steht, den wir ja auch schon mal als jemand beschrieben bekommen haben, der sich nur um die Probleme anderer kümmert.)
Tod
Für eine stand-alone Folge ist es dann wiederum doch auch erstaunlich, wie stark sie sich an die bisherigen Themen anbindet, in dem Fall, an den Piloten, „Ghost“. Damals war Echo auch eine tote Frau (bzw. ein Amalgam aus einer toten Frau und so manch anderen Stückchen), und sie kam als Geist zurück um Peiniger ihrer Vergangenheit (in einem gewissen Sinne auch ihren Mörder) zu konfrontieren. Wie auch Sierra in „Needs“, wenn wir akzeptieren, dass ein Teil von uns (und Paul) den Wipe als Mord anzusehen, und das Eintreten ins Dollhouse als eine Art Tod zu deuten. Das Dollhouse ist der Ort, wo eine Fantasie wie das Leben nach dem Tod ausgespielt werden kann. Es selbst ist ja so eine Fantasie. Das Dollhouse ist wie das Bashford-Haus haunted, es wird von Geistern bevölkert. Unser Leben ist gebunden und gezwängt in die ewige Kausalität des Daseins, der Tatsache, dass unser Handlungen Konsequenzen haben, und wir zu ihnen stehen müssen. Dies wird auch oft Moral genannt. Die religiöse Deutung sagt, wenn du nicht gute Sachen hier tust, wirst du nach dem Leben Probleme haben. Was du tust, hat Auswirkungen. Und haben wir Gott höchstpersönlich (Adelle), der in „Ghost“ diesen ersten Dialog, dieses wichtigste aller Themensetting, abschließt, mit der Frage, was wäre, wenn die Handlungen endlich keine Konsequenzen hätten. In das Dollhouse einzutreten ist nicht nur eine Aufgabe von Macht, eine Unterwerfung (mal auf Latein aussprechen…), es ist auch (und das ist der Payoff!) eine Aufgabe von Verantwortung. Als ob der mühsame Part des Lebens vorbei wäre, in dem man immer gemessen und beurteilt wurde. Im Dollhouse lebt es sich völlig irrelevant.
Aus der Perspektive ist es auch das Paradies, der Garten Eden, wo Adam schon mal ausgezuckt ist, und Eva grad auf dem Weg dorthin ist. Und Victors Schlange schleicht auch herum. Die Actives sind Geister, laut Paul ermordete Wesen, mit denen er träumt Sex zu haben, nein, mit denen er sogar tatsächlich Sex hat. Die Technologie selbst ist herbei deutlich ambiger als die Fantasie, die das Dollhouse selbst darstellt. Denn Margarets Imprint schwebt in Datenbanken, kann kopiert, immer wieder reproduziert und aktiviert werden, eine Nachtod-Variation, die wir schon in „Man on the Street“ entdeckt haben, als Mynor seine Frau jährlich wiederauferstehen lässt. Das ist der Trick daran. Adelle weiß um diese Ambiguität, wenn sie sagt, dass es eine Illusion des Afterlife ist, und dass besagte Illusion (Pauls Traum z.B.) das Herz der meisten Beziehungen (zwischen Paul und Mellie z.B.) ist. Sie weiß aber auch, dass das Dollhouse selbst ein Ort der Wahrheit ist (wie sie in „The Target“ so schön ausführte): „Tricks are illusions. What we offer is truth.“ Aus diesem Zwiespalt kommt sie nicht heraus, dieser Widerspruch nagt an ihr. Sie ist 10 Jahre jünger als Margaret und – oddly – 15 Jahre älter. Sie verliert Margaret einmal, und gerät tatsächlich in die emotionale Zwickmühle am Ende, wenn sie sie noch einmal verliert, wenn sie sie umbringt, and jenem Ort, an dem sie schon – schmerzhaft – Dominic umgebracht hat. Dass Margaret am Ende fragt, ob ihr Leben an ihren Augen vorbeiziehen wird, damn, wenn das mal nicht einer der stärksten Moment dieser Serie bisher war. So literal, so wahr, und doch so falsch.
Konflikte
Was so ein fantastischer und widersprüchlicher Ort aber auch bieten kann, ist eben ein Ruhepol, diese sanitäre Sauberkeit und Konfliktfreiheit. Wir haben in den letzten Folgen gesehen, dass das Dollhouse selbst derzeit daran zugrunde geht, dass die interne Ordnung aufgehoben wird. Die Chefs sind auf Drogen, die Actives glitchen wie verrückt, Alpha schwebt im Hintergrund und innen drin gibt es Spione. Als Topher in „Gray Hour“ gesagt hat, dass die Actives sich da drin wohl fühlen, weil es so konfliktfrei ist, so wissen wir, dass derzeit alles nicht ganz so eitle Wonne ist. Topher selbst ist hierbei ein netter Gegenpol: Wie die Actives selbst, findet er die Welt draußen zu kompliziert, um echte Freunde zu finden. Draußen gibt es Alphas und konkurrierende Programmierer. Chaos. Er schickt sogar Ivy für die kleinsten externen Aufgaben wie Essen holen. Topher selbst sieht das Dollhouse noch immer als konfliktfreie Spielwiese an, wo er Geburtstag feiern kann. Für die Actives aber warten draußen nicht nur Konflikte aus ihrer Vergangenheit (vor ihrem Mord), also Ms. Penns Vergewaltiger, Priyas Vergewaltiger, Margarets Mörder (der – huch – sie auch mal gegen ihren Willen geküsst hat), es schwebt in der Wiederauferstehungsgeschichte auch die Möglichkeit, solche Konflikte zu lösen. Ms. Penn und Margaret konnten ihren Mord aufklären, die Sachen richtig stellen. Wenn das mal nicht eine mächtige Fantasie ist: Selbst im schlimmsten aller möglichen Fälle, kann das Dollhouse mit seiner Technologie die Möglichkeit bieten, die alte Ordnung, das Gleichgewicht wiederherzustellen.
Die Technologie hat aber eine Kehrseite, da sie den Personen nicht wirklich die Möglichkeit von Closure geben kann. Closure mit kurz darauf folgendem Tod schießt etwas übers Ziel hinaus. Ms. Penn hat relativ wenig von ihrem Erfolg in „Ghost“ – sie bleibt tot. Auch Priya schafft es nur, grad noch weit genug von ihrem Peiniger zu entkommen, um einzuschlafen. Und Margaret kann die Früchte des wiederhergestellten Gleichgewichts nicht mal bis zur Staatsgrenze genießen, bevor sie von Adelle wieder gelöscht wird. Für die Imprints ist (wie für die Actives) die eigentliche Fantasie wahr geworden: Für sie haben diese Handlungen keine Konsequenzen, weil das Dollhouse eben diese negiert. Nur draußen, in der wirklichen Welt, bleiben die Spuren übrig. Wie bei Paul.
Paul
Ich war mir ja von Anfang an darüber im klaren, dass Dollhouse als Text wie Buffy Staffel 6 gelesen werden soll. Joss hat uns das quasi aufgetragen. Aber es ist schon bezeichnend, dass wir dort nach 6 Jahren zu Momenten gekommen sind, von sowas wie einer „Dark Willow“ reden zu können, und uns über die epische Dunkelheit und Tragik der Situationen zu befragen. Bei Dollhouse sind wir bei Folge 10 schon bei einem Dark Paul angelangt. Ein Dark Paul, dessen Handlungen und Gefühle mich ehrlich gesagt sprachlos lassen. Wenn es einen Beweis dafür gibt, welche Art von Konsequenzen diese Technologie da draußen anrichtet, dann ist es Pauls Story. Seine thematische Breite ist dabei mindestens so beachtlich, wie seine thematische Tiefe: Er ist nicht nur an dem Punkt angelangt, Mellies völlig klischeehaften (aber mit dem Wissen darum, was sie ist, unfassbar traurigen) Monolog als Turn-on zu empfinden, seinen Hass und seine Wut auf die Situation, das Dollhouse und sich selbst, sexuell an ihr auszuleben, nein, neben dieser Feststellung, er sei ein Klient, ist Paul natürlich auch als Audience-Anker ein Active. Im Verlauf der Serie sehen wir nämlich nichts weiter als eine Projektionsfläche für uns wie für das Dollhouse, die Schritt für Schritt (statt in einer Sekunde) imprinted wird.
Paul fängt als Puppe an (erster Satz über ihn: „You have been assigned to the case designated ´Dollhouse´…”) und wird seither Schritt für Schritt von den außerweltlichen Konsequenzen der Technologie geformt. Von Alpha, der immer noch das gefährlichste Resultat der Technologie darstellt, und der massiv als das „Außen“ des Dollhouses markiert ist. Von Lubov und den damit verbundenen Kugeln. Von Echo und November, die ihm auch sagen, dass jemand von außen eine „person inside“ hat. Paul erinnert uns ständig daran, dass das Dollhouse keine hermetische Institution ist, dass sie weit über die Überwachungskameras und Fernsehkameras hinaus einen emotionalen Einfluss auf die Welt hat. (Wie Boyd, als er Adelle fragt, was es für globale moralische Konsequenzen hätte, wenn das Dollhouse tatsächlich das anbieten würde, was es anbietet.) Wie wir Zuseher wird Paul Schritt für Schritt compromised und verletzt. Joss weiß, was er uns antut, denn er zeigt es uns mittels Paul. Sex mit Actives? Passend, wie eine der größten Fandebatten seit Anbeginn der Serie immer schon war, wie Joss im TV über Ausbeutung philosophieren kann, wo er doch selbst Eliza ständig sexy herumstolzieren lässt. Diese Zuseherfantasie ist materialisiert in Paul. Wie auch die Fantasie, Echo zu retten. Dass gerade seine Story also auf einen emotional vernichtenden schwarzen Punkt hinkulminiert, macht mir ehrlich gesagt Angst. Da ist also der kompromittierte Zuseher, der sich seiner Komplizenschaft bewusst wird. Da ist es also wieder, das Ich im Du.
Spekulationen und Randbemerkungen
- Topher erhält hier einen sehr netten Claire Saunders-Vibe: Er verlässt das Haus nicht.
- War das ein kleiner Echo-Glitch, dass sie die Sprache im Testament verjugendlicht hat?
- Dobber ist nun auch ein Joss Whedon-Hattrick: Nach seinem Angel-Auftritt und Bad Horse, nun auch in einer dritten Whedon-Produktion. Nur wenige Schauspieler haben diese Ehre.
- Onkel Billy war auch großartig gecastet. Ja, das war der Sheriff aus Fireflys „The Train Job“.
- Waren das alles November-Imprints in der FBI-Datenbank? Wie kann das Dollhouse solche Spuren hinterlassen? Und wer hat sie gelöscht?
wiesengrund - 28. April, 18:21