Review: 1x07 „Echoes“

Oh, Dollhouse, diese düstere, völlig uncoole und trockene Angelegenheit. Was ja voll okay ist, in Anbetracht der Tatsache wie unlustig, uncampy und unblöd die Sachen sind, mit denen sie sich beschäftigt. Serious shit. Umso erstaunlicher ist es, dass (schon in Staffel 1) ein derartiges Humor- und Charakter-Feuerwerk wie „Echoes“ Platz hat.

Nungut, ist „Echoes“ also eine der lustigsten Folgen, die ich seit langem gesehen habe, ist jedoch auch „Echoes“ trotzdem eine sehr ernste und – im Grunde – erschreckende Angelegenheit. Ganz so, wie es Whedon immer schon konnte, ist Humor hier nicht Erlösung, Spannungsaushebelung oder Beruhigung. Der Humor in der Folge ist durch und durch verbunden mit ziemlich bösen, gefährlichen Happenings, und nichts an dieser Folge ist erlöst, spannungsarm oder beruhigt. Im Gegenteil, unsere Charaktere stürzen von einem Debakel ins nächste und die Machtverhältnisse und Spannungsfelder drehen sich immer weiter zu, werden immer enger, immer unangenehmer. Wer lacht hier über wen?

Insofern: Nein, es ist überhaupt nicht falsch, „Band Candy“ so früh zu machen, und nein, man braucht nicht drei Staffeln um Charaktere gut genug zu kennen, um es lustig, absurd und erschreckend zu finden, wenn sie sich mal dank Drogen irre aufführen. Alles unnötig, wenn das Universum und die Konstellationen so herrlich und zwiespältig sind wie die in Dollhouse. Eine großartige Folge.

Mal sehen, was sich hinter dem Drogennebel so findet, in der SPOILER-Section.

Drogen

Ja, gut, Drogen. Das Thema. Also, wie war das früher? Drogen sorgen nicht nur für herrlichen Humor, sie bieten aber auch die Lektion, dass Menschen, die außer sich sind, schwierig zu greifen sind, dass der Aufbau von Vertrauen schwierig ist. Zwischenmenschliches Vertrauen ist die Basis zwischenmenschlicher Beziehungen, und Drogen, die das kohärente Selbst aushebeln, sind eine Gefahr für diese stabile Basis. Wir sehen diese „Lektion“ (die ganz im Duktus klassischer Drogen-Rezeption im TV steht) auch in „Echoes“, wenn am Ende Adelle und Dom zwischen sich ein großes Banner an Awkwardness ausbreiten. Und das obwohl sie sich die Folge über nicht gesehen haben. Drogen kippen nicht nur unseren eigenen Verstand aus der Fassung, sie hebeln damit auch unsere Beziehungen aus. Merkwürdig aber, dass gerade Dom, der nicht da war, diesen Punkt illustrieren soll. Immerhin wäre eine Awkwardness-Orgie zwischen Adelle und Topher viel mehr angebracht. Also irgendwas stimmt mit der Folge nicht.

Rollentausch

„Echoes“ ist nämlich nicht das klassische Cautionary Tale über Drogen. Gebrochen wird das Tale nämlich nicht nur durch die Schlussszene, sondern auch durch die Andeutung, dass die zwei Klassen im Dollhouse, die Bewacher und die Sklaven, unterschiedlich mit der Droge umgehen. Die Drogen beschwört sogar Situationen herrauf, die die Rollenverteilung umdrehen. Dass Victor als Tom Dom herumkommandiert wäre eine davon. Dass Dom Echo um Vergebung bittet eine andere. Dass Echo erstmals Boyd gegenüber ein Treatment verweigert eine dritte. Und dass Adelle und Topher vor November Angst haben eine vierte. Also während Drogen durch das aus-der-Bahn-werfen nicht nur (positive) zwischenmenschliche Kontakte erschweren, sind sie dadurch auch in der Lage negative Gesellschaftsordnungen auszuhebeln. Kurzzeitig, klar, aber dennoch. Das ist ja schon mal was.

Rossum

Dabei ist es umso spannender, dass eben dieses (gefährliche und schöne) Potential für Umschwung, Aufruhr und Trennung, vom Boss selbst, von der großen Pharmaindustrie namens Rossum hergestellt wird. Der Kapitalismus kultiviert brav seine Auswege. Und „schlimm“ kann‘s ja nicht sein, wenn der Schaden ein Kollateral-Student und ein paar Stunden Nervenirrwitz ist. Was aber schlimm ist für den Kapitalismus, ist der Diebstahl, und “Echoes“ schafft es den Diebstahl wunderbar mit einer zweiten Angst des Systems zu verbinden: Nämlich der Angst davor, dass die hidden transcripts veröffentlicht werden. Deswegen ist Sam’s Einbruch so herrlich mit dem von Echo und Leo verbunden. Der Kapitalismus hat Angst vor der Veröffentlichung, weil es ein ethisches Korrektiv in der Gesellschaft gibt (Gesetze, eine Moral), ein Korrektiv, dass das Image und den Verkauf bestrafen würde, wenn tatsächlich rauskommt, dass Föten und Tiere und so. Es ist das Kapital, dass in beiden Ängsten geschützt werden soll. Dass das Dollhouse als verlängert Arm von Rossum ähnlichen Prinzipien aufsitzt ist natürlich auch klar: Warum Feinde töten oder verhaften, wenn man sie „in’s Boot“ holen kann. Beide Rekrutierungssequenzen die wir bisher von Adelle gesehen haben, waren mit Menschen, die Rossum Schaden zufügen wollten.

Caroline

Dabei ist natürlich auch spannend, dass Caroline so fad ist als Person, dass sie kaum sympathisch wirkt. Dies kann nun schlechtes Drehbuch sein, aber es kann auch sein, dass die Schreiberinnen absichtlich nicht wollen, dass wir Caroline mögen. Ihre Reise ist nur bedingt eine der Rückeroberung, Paul ist vielmehr dafür da diese Phantasie auszuspielen. Für ihn ist Echo Caroline. Für uns ist Echo Echo. Spannend ist natürlich, dass während die Oberklasse an der Droge völlig zerfließt und absurd wird, die Unterklasse retrospektiv kompletter wird. Die Actives erleben Traumata und Erinnerungen ihres alten Lebens, vervollständigen sich, auf gewisse Art und Weise. Die Flashbacks (ein narratives Mittel uns Zuschauer einzuweihen) dringen zu Echo durch (ist das irgendwie das erste Mal, dass Dollhouse von einer Meta-Ebene auf die tatsächliche Ebene runterhopst?), neben uns erhält auch sie ein vollständigeres Bild von sich selbst. Und es schmerzt sie. So wie Victor der Krieg und Sierra die Vergewaltigung und November die Eifersucht schmerzt. Die Kohärenz… well, it sucks, um ehrlich zu sein. Caroline ist als Entdeckungsziel dieser Serie endgültig relativiert worden. Wir suchen was Neues. Wir suchen Echo. (Was ethisch eh nicht so ohne ist, wie wir ja schon wissen…)

Ordnung

Im Wesentlich bleibt aber „Echoes“ uns als die Folge in Erinnerung wo die interne Ordnung dieser Welt erstmals gravierend ins Kippen kommt. Echo wird nicht umsonst an Matt aus dem Piloten zurückgebunden, sein Gefängnisspiel mit den Seilen lässt jetzt ihn gefangen zurück, Echo liest die hidden transcripts im Fernsehen und beschließt ihren ass zu moven, all das ist natürlich ein großes: „We’ve come a long way.“ Auch zwischen Topher und Adelle ist wohl nichts mehr wie es vorher war. Und die Art und Weise, wie „Echoes“ widerholt auf „Ghost“ verweist (die Uni, Caroline, Matt, sogar Echos Bedürfnis zu helfen) macht diese Distanz deutlich. Und das obwohl dies erst Folge 7 ist und dazwischen großteils Stand-alones waren. Mal sehen ob das Thema der Freiheit und der Ordnung, in der sich die Dolls befinden, von der sie unterworfen werden, weiteruntersucht werden wird. Es wird langsam Zeit für einen Ausbruch.

Spekulationen und Randbemerkungen
  • Nett, wie die Folge ein für allemal klärt, wer Doll und wer nicht ist. (Nett, dass Dr. Saunders in der Folge nicht auftaucht.)
  • Alle Drogen-Erfahrungen waren köstlich. Boyds Klaviersolo hat mich ehrlich zum Krümmen gebracht.
  • Adelle hat eine Story über Victor?
  • Konsequent, wie wir langsam in den Arc-Teil reindriften, der Reset-Button aber trotzdem immer da ist. In dem Fall: Nach ein paar Stunden ist alles vorbei. Hätte ich mir auch denken können, dass Joss jetzt nicht einen 7-Teiler am Ende hineingepackt hat.
  • Prof. Janak, hm… schade, dass es nicht Prof. Dundee war.
  • Was genau war der zwei-jährige "dance" zwischen Adelle und Caroline?
kornundsprite - 1. Oktober, 16:52

fies wie wir dazu gebracht werden mit echo zu sympathisieren während uns caroline ja echt am arsch vorbeigeht.
aber irgendwas hat mich dann doch beim weiderschauen gestört, irgendwie vergleichsweise zu wenig, nunja, originell.

wird ja ausch spannend, wie das mit der konkurrenz so wird, oder ob rossum eine monopol stellung inne hat.

wiesengrund - 2. Oktober, 13:02

Ich bin eher darauf gespannt, die internen Spannungen von Rossum mal ins Auge zu fassen.

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