Review: 1x04 „Gray Hour“

Oh, eine Serie zu gebären ist eine Qual, indeed. Sogar Joss Whedon hat meiner Ansicht nach nur bei Firefly sofort gewusst, wie was zu tun ist; sowohl Buffy als auch Angel hatten ihre Geburtsprobleme. Dollhouse ist da nicht anders, schließlich wurde gerade diese erste Hälfte der Staffel komplett remodelliert und ein Pilot weggeworfen. Was bleibt sind tolle Folgen, denen wir aber ihren Geburtscharakter ansehen: Die Serie ist gerade erst am erwachen. Wie Echo, folgen wir der Serie im Erwachen.

„Gray Hour“ ist nun jene Folge, die bei allen oben erwähnten Serien fehlt, nämlich die Folge, die sich dieser Geburt stellt. Es geht mit einer Geburt los und endet (wieder) mit einer. Dollhouse ist gerade erst am Anfang. Da verzeihen wir etwaige Plot- und Auflösungsprobleme, die diesmal vielleicht besonders merkwürdig waren, und behalten „Gray Hour“ als die Folge in Erinnerung, die uns am meisten Echo, am meisten Alpha und am meisten… Kunst zu bieten hatte.

Kunst. Was für ein Wort.

Aber Elizabeth Craft & Sarah Fain, die „Gray Hour“ geschrieben haben, wissen, dass die Entstehung von Kunst verwirrend und sehr konfliktbeladen ist. Gerade eine so schwierige Serie wie Dollhouse wird schnell selber zu einer grauen Stunde: Grau wegen dem Inhalt, grau wegen dem Sendern, grau wegen den vielen Sicherheitsmechanismen, die derartige Inhalte verhindern wollen. Dollhouse hat einen steilen Weg vor sich. Es wächst, es gedeiht, es entwickelt sich. Unterwegs erleben wir neben Kunst halt auch Antiklimaxe und fragwürdige Auflösungen, uncoole Storylines und strange Metaphern. Aber so ist das am Anfang von allem: „Frische“ ist eine Fiktion, genauso wie „Jugend“. „Gray Hour“ hatte wenigstens so viele Twists, wie bisher keine Folge, und das macht es zu einem meiner Favourites.

Auf zur SPOILER-Ecke.

Geburt

Wir sehen Berge und Natur, gefährliche Abhänge und mitten drin ein Stückchen Zivilisation. Wie schon bei „The Target“, sehen wir Echo, auf Engagement, in der Natur etwas sehr natürliches tun. Während sie damals dem Urinstinkt des Überlebens folgte, ist es hier die Geburt, die Fortpflanzung, die uns in die Folge einführt. Eine Geburt, die Topher später als sehr traumatisch beschreiben wird, ja so traumatisch, dass sie die betroffene Dame vergessen möchte. Einen Luxus, den nur Echo hat. Wir erhalten hier also eine explizite Anbindung von Geburt und Wipes: Es ist der Wipe, der Taffy zu Echo machte (was das von Topher beschriebene Trauma ist), es ist der Wipe, der Echo jedes Mal, jede Folge vergessen lässt. Jedes Mal, wenn sie aus dem Stuhl steigt im Dollhouse, ist das Trauma da.

Traumata

Aber wir erfahren auch, was das Dollhouse ist: Es ist nicht nur ein gesellschaftliches System, eines das Phantasien erfüllt, Menschen kidnappt und Sex verkauft, nein: das Dollhouse formt Neugeborene. Täglich. Deswegen sieht es so verdammt gut aus, alles ist gemütlich und schick, Massagen warten an jeder Ecke. Jeder, der das Set betrat, wollte laut Joss auch dort Leben. Was unterstrichen wird durch das gleichzeitig herrschende „You cannot leave.“, dass das Dollhouse nie ausspricht, aber immer meint. Das Set, das Dollhouse ist deswegen die beste Gesellschafts- (und Kapitalismus-)Metapher, die Joss je herbeigezaubert hat, weil es diesenm scheinbaren Widerspruch so perfekt einfängt: Das Dollhouse hilft den Actives ja. Es minimiert das Trauma, das Trauma, das herrschen würden, wenn wir alle einfach so, ohne Regeln, Berufe und Strukturen in die Welt geworfen wären. Ohne Imprints, Ziele und Motivationen. Da draußen herrscht nur Konflikt. Deswegen erfinden wir so Orte wie das Dollhouse, die uns helfen, ihn zu meiden.

Natur

Ein Spannungsfeld ist hierbei auch die Natur, die oft als Freiheit von der kulturellen Struktur gedeutet wird. Wir haben in „The Target“ gesehen, dass Echo in der Natur auf gar keinen Fall „freier“ ist, als in einer menschlich geformten Umgebung. Hier sehen wir Natur als blauer Himmel, ein Gebirge, der Gegensatz zum Gefängnis, zum Dollhouse. Und doch wird Echo nie klar, was dieser Gegensatz eigentlich heißen soll, sie versteht nicht wer die guten, wer die bösen Leute sind, sie versteht gar nichts von alle dem, was da an Konflikt auf sie zukommt. Außerdem meint Topher, dass ihre Herdenbildung tiefer als Erinnerung geht, was Instinktives ist. Am Ende heißt es aber „No pesky human evolution bits lingering around.“ Wird mit jedem Wipe die Herde gelöscht? Ein instinktiver Reboot, wöchentlich? Terminators Notstromaggregat? Moment, und das alles soll „natürlich“ ablaufen?

Echo erlebt aber in dem Safe einen ganz essentiellen Aspekt menschlicher Erfahrung, auch jenseits des Traumas: Sie sieht Natur mittels Kultur. Dass wir die Natur konstruieren wird in der Szene herzeigreifend dargestellt. Echo sitzt gefangen in einem Käfig, und guckt sich ein kulturelles Produkt, ein Bild an, dass sowas wie Natur oder Freiheit darstellt. Awwww. Dabei ist es völlig unerheblich, ob das dargestellte Objekt etwas war, was der Maler gesehen hat, oder etwas, das er malte, wie es war. Unser Zugang bleibt über die kulturellen Artefakte, die wir in irgendwelchen Safes finden, in die wir eingebrochen sind, und nun nicht mehr rauskommen.

Kunst

Aber so einfach ist das mit der Kunst ja auch nicht, schließlich klickt ja was bei Echo, als sie den Berg sieht und an die Geburt am Anfang zurückdenkt. Ein Schimmer bricht durch, und sie merkt, dass ihr Name ein anderer ist. Wie zu erwarten war, dürften die vielen Namen, die Echo durchläuft, sie irgendwann doch verwirren, weil Namen sehr wichtig sind für eine Identität. Das künstliche Schaffen von Wirklichkeit wird aber auch sehr schön inszeniert, wenn Der Blöde Einbrecher anfängt Echo mittels eines Skripts zurückzubringen: Er spricht ihr vor, wie sie heißt, was sie kann, und was sie tun soll, und konditioniert sie wie das Dollhouse, das halt technische Hilfe hat beim erledigen dieser nervigen Kleinarbeit. Echo wird ständig verkünstlicht. Auch Taffy scripted sie. Es sind jedoch die Momente, wo Echo aus dem Script heraustritt, wenn sie den Fehler mit dem Bohrer macht oder wenn sie Den Blöden Einbrecher betäubt, an der wir scheinbar eine Art von Selbstbewusstsein entdecken. War das eine … natürliche Überlebensreaktion? Macht es evolutionär Sinn für Echo, Den Sensiblen Einbrecher zu schultern und durch den Kugelhagel zu schleppen? Ich denke nicht. Ich denke Echos Weg ist ein Kugelhagel zwischen den Konzepten Natur und Kultur, und einer, der sich nie wirklich für eine Seite entscheiden wird. Man bedenke hierbei auch, dass Echo inhärent nicht nur eine Art Roboter ist (wie schon in früheren Folgen angedeutet), sondern auch ein Cyborg: Ein menschlicher Körper, mit technologischer Erweiterung, etlichen Schnittstellen (!) und einer bereits angesprochenen Modularität der Körperteile, die auch Alpha sehr gut versteht. Echo ist irgendwo dazwischen, und um sie herum schwirrt Konflikt, wenn sie nicht bewacht wird. Wie ihre Reise in all dem Trubel wohl aussehen mag? Folge 6 kommt ja schon bald.

Kunstraub

Witzig ist jedoch die Idee, dass Kunst nicht nur als Gegensatz und Fenster zur Natur gesehen wird, sondern dass Kunst als monetarisierte Ware gekauft und gestohlen werden kann. Wobei wir hier auch das Meta-Narrativ von Dollhouse als graue Stunde serviert bekommen, die wir uns aus dem Koloss an „sicheren“ Fernsehstunden herausstehlen müssen. Dabei ist es nicht unwesentlich was eigentlich gestohlen wird in der Folge, und worum es geht: Die Elgin Marbles wurden von Thomas Bruce, dem 7. Earl of Elgin und Britischer Botschafter im vom Osmanischen Reiche besetzten Athen des ausgehenden 18. Jahrhunderts, aus dem Parthenon entfernt und nach England verfrachtet. Er fragte um Erlaubnis beim Sultan, der gab ihm eine, die heute nicht mehr auffindbar ist. Was genau drin stand, ist die die Streitfrage. Bruce meinte, er hatte Erlaubnis, Teile des Parthenons nicht nur zu untersuchen, sondern auch zu entfernen, die Griechische Seite dementiert dies seither heftig. Die Marbles kamen nach England, Bruce musste sie dafür in kleine Teile hauen, damit sie leichter transportiert werden können, und seither wird darüber gestritten, ob sie wieder nach Athen zurücksollen oder nicht.

Unabhängig von der Frage, ob sie zurück sollten (und ich und der griechische Client-of-the-week finden offenbar, sie sollten), ist es doch schön, Echo als Parallele für so einen Kunstraub zu sehen: Sie ist ein fragmentiertes Stück Kunst, dass aus ihrem Leben entfernt wurde und seither in einem wunderschönen Museum zur Besichtigung ausgeliehen werden kann. Wie immer, erfüllt Echo hierbei die Fantasien der Zuschauer, Klienten, wie wir auch schon bei Rayna in „Stage Fright“ gesehen haben. Adelle zitiert sogar Michelangelos Marble-Zitat vowegen, wie die Kunstwerke schon da sind im Stein, und nur "befreit" werden müssen, und wir denken uns nur: "Liebe Adelle, pass bloß auf, was du dir wünscht!" Erstaunlich ist aber auch, dass der Akt des Zurückstehlens in der Gesellschaft als illegal angesehen wird. Da der Streit um einen sozialen Vertrag (!) die Rückgabe der Marbles derzeit unmöglich macht, müssen die Griechen zu illegalen Mitteln greifen. Echos Rückkehr aus dem fragmentierten, zerstörten Dasein in einem Museum zu einem halbwegs kohärenten Zuhause am Parthenone ist schwer nicht in Ordnung, laut Gesetz.

Fragmente

Aber Echos Reise von zerbrochen zu heil ist ja auch so eine doppelbödige Geschichte. Einerseits wissen wir schon seit „Ghost“, dass Kohärenz eine ganz merkwürdige Idee im Dollhouse-Universum ist. Andererseits präsentieren sie uns ständig mit unterschiedlichen Perspektiven auf Echos Reise: Einerseits ist es eine Geburt, und wir wissen laut Dem Sensiblen Einbrecher, dass wir bei der Geburt als kohärentes Ganzes losgehen, und dann auseinanderfallen, kaputt gehen. Andererseits checkt Echo auch sofort, dass sie als Kind nicht kaputt ist, er als „fertiger“ Mensch aber schon. Der Blöde Einbrecher erinnert uns daran, dass diese zwei Perspektiven auch sehr gewalttätig gedeutet werden können, wenn er (wie Richard Connell) Leben und Töten als sich gegenseitig bedingende Konzepte versteht. Und dann gibt es da noch Alpha, der ja verrückt wurde, weil er sich zusammengesetzt hat, etwas, was wir in „The Target“ ähnlich schon bei Echo erlebt haben. Alles falsche Fährten, ist man geneigt zu glauben. Wie kann Echo aus dem Wirrwarr an unterschiedlichen Vorstellungen von Fragment und Ganzheit überhaupt Erwachen? Wohin soll denn das führen, wenn nicht einmal die Serie weiß, was sie damit sagen will? Dies kann der Punkt sein. Ein riskanter, aber einer, der eventuell die Serie erst so richtig merkwürdig macht.

Alpha

Schließlich bleibt noch ein kurzer Blick auf Alpha, der endlich wieder in voller Aktion Echo testet. Er hat vermutlich lange auf einen Moment gewartet, wo sie gefangen ist, und nicht sofort von Boyd zurück ins konfliktfreie Dollhouse geholt werden kann. So wir er bei „The Target“ große Mühen einging, Boyd auszuschalten, und Echo in eine Konfliktsituation zu werfen. Alpha ist der Konflikt-Guy, was? Etwas zusammenzusetzen kann nämlich (und das ist womöglich die beste Antwort auf die Fragmentfrage oben) auch auf zwei Arten gelesen werden: Also friedvolle Koexistenz oder als konfliktreiches Zusammeneingesperrt sein. Nur weil etwas zusammenpasst, heißt es noch lange nicht, dass es zusammen sein will. Was sowohl für Alphas multiple Persönlichkeiten gilt, als auch für Echos Abenteuer, ihre Imprints und ihre Erinnerungen. Dinge die zusammenstehen, obwohl sie das nicht wollen, sind nahe dran am Widerspruch. Ist es das, was Alpha verfolgt? Ist es der Widerspruch, der Echo erwecken wird? Ich werd mir wohl Whedons „Astonishing X-Men“ nochmal ansehen müssen. Ich bin mir sicher in Band 2 gab es eine Story dazu.

Spekulationen und Randbemerkungen:
  • Die Paul/Lubov-Story ließ mich etwas ratlos zurück, nicht nur weil ich niocht verstehe, was Paul an einem toten Lubov über das Dollhouse erfahren kann, sondern auch was genau Lubovs Mission jetzt ist, wo wir wissen, dass sie Paul "closure" geben wollen.
  • Die Twists fand ich wirklich toll: Bachelor Partygirl wird zu Rape Victim wird zu Einbrecherin wird zu Kind wird zur Retterin des Tages. What a ride.
  • Adelle nähert sich erstmals einem Active. Ich glaube wir haben sie vorher niemals zusammen in einem Raum gesehen.
  • Dichen/Sierra als Taffy war großartig. Ich bin mehr und mehr verliebt in die junge Dame.
  • Die Auflösung mit der Rauchbombe war natürlich billig, aber im Endeffekt vertretbar. Wer jahrelang die unglaublich doofe Polizei von Sunnydale ausgehalten hat, darf sich über sowas wohl kaum beschweren. Dollhouse ist und bleibt Genre-TV, derweil.
kornundsprite - 7. April, 20:08

echo hilft cause she cares, da kommt will wohl von anfang an caroline raus.

und in der drittletzten zeile polizie ausbesseren :)

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