Review: 1x03 „Stage Fright“
Jed Whedon und Maurissa Tancharoen sind wohl die coolsten Neulinge im Whedon-Scheriberlinge-Universum. Musik, Popkultur und ihre lustigen wie problematischen Aspekte sind ihre Themen (wie es sich z.B. auf Commentary! The Musical zeigt). Dass sie gleich so früh in der ersten Dollhouse-Staffel ´ran dürfen macht auf mehr als nur einer Ebene Sinn.
Einerseits, ist dies eine TV-Serie auf einem Mainstream-Sender. Sie ist Popkultur, die sich nach Quoten und Zugriffszahlen misst. Dies macht eine Folge über Popkultur (und vor allem über die so richtig kommerzialisierte) quasi aufgelegt. Objektifizierung ist ja eines der Themen um die es gehen soll, also sind fabrizierte Pop-Sternchen nicht weit hergeholt als Thema. Die Doppelbödigkeiten, die sich dadurch auftun, sind wunderbar und erschreckend zugleich, aber dazu kommen wir weiter unten noch.
Andererseits, ist es auch die erste Folge, die etwas abkommt von der Ernsthaftigkeit der ersten beiden. Klar, „Ghost“ war etwas lustig, „The Target“ stellenweise sogar sehr, aber „Stage Fright“ geht weg von Moment-Lustigkeit und über zu einem generellen Feeling von Sillyness. Die Show lockert auf, ohne dabei ihre ernsten Probleme und Fragen abzuwerfen. Ein guter Schritt.
Alles in allem fand ich „Stage Fright“ nicht so gut wie „The Target“, aber absolut toll, nevertheless. Der klischeehafte Plot-of-the-week ist immer noch gebrochen genug, um meine Aufmerksamkeit zu erhalten, und auf einer komplett anderen Ebene finde ich die Klischees der Woche sogar mittlerweile einen ziemlich integralen Bestandteil der Serie. Anfangs dachte ich ja, dass wir uns über 5 solche Klischees drüberquälen werden, bevor bei Folge 6 Joss wirklich loslegt. Mittlerweile hat sich meine Ansicht über die kommende Arc und die Bedeutung dieser frühen Folgen massiv verändert.
Also auf zur SPOILER-Section, wo ich versuche zu erklären, was ich damit meine.
Gefängnisse
Das Dollhouse ist ein merkwürdiges Gefängnis. Es ist eine wunderschöne Wohlfühl-Oase, die nur unterschwellig (und mithilfe ihrer Technologie) klar macht, dass du da nicht abhauen kannst. Unterschwellig auch deshalb, weil du ja drin wohnen willst, eigentlich. Es ist so schön und relaxing. Aber gleichzeitig scheint Echo ja eine Sache mittlerweile zu verstehen: In einem Gefängnis wirst du beobachtet. Und Geheimnisse zwischen Kindern sind der erste Schritt der Anti-Erwachsenen-Entwicklung.
Beobachter
Das Beobachtet-Werden ist in Gefängnissen Teil der Routine. Du bist nie allein, immer wacht wer über dir, eine von vielen Eigenschaften, die das Dollhouse mit der (Kultur-)Industrie teilt. Rayna fühlt sich ja auch „like a prisoner“ wegen all der Leute, die ja zu ihrem Wohl auf sie aufpassen. Beobachtet wird sie auch im Käfig, gefangen auf der Bühne, und dieses Beobachtet-Werden, das Aufmerksamkeit-Bekommen ist es auch, was ihren Tod erst zum funktionieren bringen soll: Ein In-der-dunklen-Seitengasse-Mord (wie er durch Audras Kindapping schön angedeutet wird) bringt Rayna nichts. Sie muss auf der Bühne, im Rampenlicht ausgehen, damit die Leute in 80 Jahren noch darüber reden. Beobachtet werden heißt gesellschaftliche Relevanz zu haben.
Laborratten
Aber gleichzeitig ist das Beobachtet-Werden und das Gefangen-Sein auch etwas, was Versuchskaninchen gemein haben. Rayna und Echo sind beide Factory-Girls, geformt, um Fantasien von anderen zu erfüllen. Beide schauen diesen Fantasien (und den sie fantasierenden Menschen/Mänern) in die Augen, und finden sowohl Erfüllung als auch Todesangst. Wie Jenny an Richard Connels Fantasie fast starb, so stirbt Rayna fast an der des Fans. Aber der unterschied wird hier auch schon deutlich gemacht: Rayna rationalisiert diesen Zustand als Gefängnis-ohne-Ausbruch, wo eben nur der Tod (und ein cooler noch dazu) Freiheit verspricht. Echo/Jordan checkt, dass man „change“ herbeiführen muss, gerade, wenn man (als Star, als „best“ und „most requested“ Akteurin) die Macht dazu hätte. Nochmal eine Parallele: Beide sprechen mit einer Stimme, die nicht die ihre ist. Dieser Punkt ist es, der „Stage Fright“ über „The Target“ heraushebt: Denn die Parallele bricht, als Jordan nicht nur den Körper (wie in „The Target“), sondern auch die Stimme zum Out-of-the-box-Denken verwendet.
Phrasen
Bei „The Target“ wurde die Catchphrase körperlich gemacht: Echo erinnert sich nicht an die konkreten Worte, sie ahmt nur die körperliche Kontur dieser Bedeutung nach. Wir wissen nicht einmal, ob sie sich der Bedeutung dieser Bewegung bewusst ist, bzw. wie reflexhaft sie von statten ging. In „Stage Fright“ allerdings ist sie auf einer neuen Stufe: Sie widerholt nicht nur als Jordan etwas, was Echo zu Sierra gesagt hat („friends help each other out“), sie ist sich offenbar der Bedeutung dieser Worte bewusst, wenn sie sie als Jordan sagt. Ganz abgesehen von der netten Doppelbödigkeit, Fans als Friends anzusehen (was die Folge ja an sich nicht wirklich suggeriert), redet hier Jordan mit dem Wissen um die Bedeutung dieser Phrase. Es ist kein Reflex. Es ist eine wohlüberlegte Entscheidung. Deswegen ist es „impressive“, dass sie Probleme anders lösen kann, als erwartet.
Die Reise
Aber hier an dieser Stelle muss ich einen kleinen Exkurs machen: „Stage Fright“ gibt uns nämlich zwei Arten von Arc-Momenten (gut, drei oder vier, wenn wir Paul/Mellie/Lubov/Victor und die Dollhouse-internen Techtelmechtel dazuzählen): Und zwar Echo am Ende, der berühmte, epische Kopfschüttler, und Jordan, die Echo durchsickern lässt. Wir alle wissen, dass Dollhouse eine Reise von Echo darstellen soll, und dass wir deswegen auch teilweise zuschauen: Um Echos (R)evolution zu sehen. Ihr Erwachen, ihr Aufspüren einer Identität, und das Entdecken der Menschlichkeit in ihr. Ich schnipsle hier mal ein paar sehr inkohärente Gedanken zusammen, die ich in ein, zwei Posts drüben bei whedonesque schon formuliert habe:
There seems to be one thing in Joss' work he never meant to touch upon, and that is his humanist leaning. Joss likes to toss the words "human condition" around. When I heard about the premise of Dollhouse, I assumed, he will finally have a vehicle to make this undercurrent explicit, to show us what he means by the word "humanity". And it is quite telling that everyone assumes that there is "journey" or a "path" for Echo, a clear destination towards which she is "evolving". Her "human nature". Her "self".
But the more I watch the show the more I come to question my initial assumption. Maybe Joss is really messing this up and starting to tackle his own, his most solid and fundamental assumptions about people. Maybe Echo's "journey" is a projection by the audience, and he will twist it again, to come up at a completely different notion. The main question then will be: How can he pull this off, without damaging any marxist/feminist/egalitarian comment on society? Isn't Echo's growing awareness, her journey towards a coherent self that can break it's chains and take the Dollhouse down, the thing we invest in from the beginning? Isn't the head-shake the one scene that even the people that didn't like "Stage Fright" that much agreed upon liking?
I find the consensus and the somewhat silly notion that everyone is already "knowing" or "feeling" where Echo is headed suspicious. Maybe Joss is playing that very consciously. Since we could definitely not agree on how this "destination" looks like (since everyone will have a different view of identity, coherence and the self), how can Joss portray it in any way that is not silly, unacceptable or offending to most of the people out there? So maybe the journey is a myth.
Which is the reason, why I am really really excited about this first few episodes, because, honestly, maybe herein lies the true message of the show. Maybe that is the reason why Joss decided to do this show this way around: He gets to deliver Fox there clichéd plots-of-the-week, but at the same time he can play with the notion that multiple stories create and need multiple personalities, and that it is the narrative, the audience that demands Echo's awakening. Alpha. Yes, the show is in itself silly for having nothing likable in it, and how much it forces us to accept very bad things as our weekly narrative, but having Echo's awakening tied to Alpha is maybe the most blatant silliness. We are actually rooting for a journey that was foreshadowed/initiated/planned by a mass-murdering psychopath. Joss is actually telling us very honestly that this journey is not cool per se. He identifies us with Alpha, as he is sitting in Front of a TV, watching Eliza "doing everything".
Dies ist alles natürlich etwas verworren und wahrscheinlich viel zu lang: Aber „Stage Fright“ brachte diese Frage wirklich in mir auf: Wieviel von dieser Reise ist pure Projektion seitens der Zuschauer? Wer will hier Echo eigentlich „erwachen“ sehen? Und die zwei Arten von Arc-Momenten, die ich oben erwähnt habe, spannen diese Frage deutlich auf: Es gibt das Kopfschütteln. Oh oh, Echo weiß was, spürt was im Dollhouse und tut was, was sie nicht tun dürfte. Dann gibt es die Jordan-Momente, wo offenbar Echo in Jordan leakt und dort was anrichtet, ähnlich wie Caroline (und Echo?) in Jenny in „The Target“ eindrangen, nur ohne Drogen. Aber ist es das, was passiert? Wie lesen wir diese Szenen? Wir hören „friends help each other out“ und denken sofort: Arc-Moment? Komisch. Auch die Doppelbödigkeit, als Jordan zum Bildschirm sagt: „I have to help her“ (oder so) und sowohl Rayna als auch Audra/Sierra meint? Warum ist das doppelbödig? Warum redet da nicht einfach nur Jordan über Rayna? Merkwürdig, wie die Serie in all diesen Szenen offen lässt, ob es sich um Arc-Momente handelt. Deswegen bin ich sehr vorsichtig geworden, beim Umjubeln und Erwarten der Reise, die Echo vor sich hat.
Fans
Dieser Exkurs ist natürlich als Meta-Thema für diese Folge besonders toll: Geht es doch darum, wie Fans mit Popkultur umgehen, und wie weit sie oft übers Ziel hinausschießen. Wie oft sie in Einklang sind mit dem, was die Macher wollen (Töten vs. Sterben… was für eine passende Aktiv/Passiv-Konstruktion… und eine Art „neural lock and key“….), und wie oft sie aber (weil die Story zu „confusing“ wird) es nicht sind. Jordan steht als Laborratte mitten im Geschehen und wird „kreativ“. Aber wie keativ ist es eigentlich? Hier mal (aus einer augenzwinkernden halb-Metaebene) eine kleine Dekonstruktion darüber, wie sogar so Reviews wie meine, Arc-Momente herbeifantasieren:
Nahtoderfahrung
Jordan stoppt Raynas Todeswunsch („permanently“), indem sie sie an den Abgrund bringt, an den Rand des Todes (Kudos für Regisseur David Solomon für Nietzsches Phrasenschwein…). Eine Nahtoderfahrung, die den Wunsch zum Leben, zum Aufwachen, den Wunsch nach „freedom“ weckt. Denken wir an „The Target“ zurück: Alpha weckt Echo, indem er sie mittels Richard Connell einer ähnlichen Nahtoderfahrung aussetzt. Er provoziert eine Art „composite event“, und das ist es, was Jordan auch mit Rayna hier macht: Wunderbar, wie in der letzten Szene Rayna mit ihren beiden #1 Fans zusammengebracht wird, mit dem Psycho und dem Fake. Jordan ist Raynas Backup, Sierra ist Echos. Jordan inszeniert eine Bühnenangst für Rayna, sie zeigt ihr die Angst, die eigentlich vor dem Konzept schützt, dass sie so waghalsig annehmen will. Alle Beziehung und Identitäten kulminieren in dieser einen Szene, Rayna fällt, und richtet sich danach erweckt wieder auf. Wenn "Stage Fright" als stand-alone keinen Bezug zu "The Target" haben soll, dann weiß ich nicht, was die Leute bisher geschaut haben.
Echo
Aber so schön dieses Narrativ auch ist (und glaubt mir, sowohl bei den Jordan-Arc-Momenente, wie auch bei dem Kopfschüttler am Ende hatte ich beim dritten Mal schauen Tränen in den Augen…) so sehr erinnert mich „Stage Fright“ daran, beim Betrachten von Dollhouse auch immer das Betrachten selbst mitzudenken. Wie kaum zuvor hat Whedon hier überrissen, dass wir als Zuschauer eine essentielle Rollen spielen für die Serie: Wir sind nicht nur Fans, Psychos und stammelde Trotteln. Wir sind nicht nur Alphas, Boyds und Tophers. Wir sind auch die Spannungsfläche zwischen der Story-of-the-week und der Arc, wir sind die, die sagen „Klischée!“ und die, die sagen „Kreativ! Impressives Out-of-the-box-thinking!“. Wir sind Echos Richter und Beurteiler. Wir beobachten sie, und ja – sie ist sogar gefangen im Gefängnis unserer Fantasien, unserer nerdigen „große Storyline“-Ideen. Es würde mich sehr überraschen, wenn ihre Story nicht auch eine Story über uns und unser Lesen von Storys wäre. War Dollhouse zuvor mit der Actor/Active-Parallele schon im Ansatz eine Kommentar ans TV-Serien schauen, wird es ab „Stage Fright“ endlich zu einem voll entwickelten Vehikel für meine wöchentliche Reflexion von dem, was ich wöchentlich vorgebe zu reflektieren.
Spekulationen und Randbemerkungen:
Einerseits, ist dies eine TV-Serie auf einem Mainstream-Sender. Sie ist Popkultur, die sich nach Quoten und Zugriffszahlen misst. Dies macht eine Folge über Popkultur (und vor allem über die so richtig kommerzialisierte) quasi aufgelegt. Objektifizierung ist ja eines der Themen um die es gehen soll, also sind fabrizierte Pop-Sternchen nicht weit hergeholt als Thema. Die Doppelbödigkeiten, die sich dadurch auftun, sind wunderbar und erschreckend zugleich, aber dazu kommen wir weiter unten noch.
Andererseits, ist es auch die erste Folge, die etwas abkommt von der Ernsthaftigkeit der ersten beiden. Klar, „Ghost“ war etwas lustig, „The Target“ stellenweise sogar sehr, aber „Stage Fright“ geht weg von Moment-Lustigkeit und über zu einem generellen Feeling von Sillyness. Die Show lockert auf, ohne dabei ihre ernsten Probleme und Fragen abzuwerfen. Ein guter Schritt.
Alles in allem fand ich „Stage Fright“ nicht so gut wie „The Target“, aber absolut toll, nevertheless. Der klischeehafte Plot-of-the-week ist immer noch gebrochen genug, um meine Aufmerksamkeit zu erhalten, und auf einer komplett anderen Ebene finde ich die Klischees der Woche sogar mittlerweile einen ziemlich integralen Bestandteil der Serie. Anfangs dachte ich ja, dass wir uns über 5 solche Klischees drüberquälen werden, bevor bei Folge 6 Joss wirklich loslegt. Mittlerweile hat sich meine Ansicht über die kommende Arc und die Bedeutung dieser frühen Folgen massiv verändert.
Also auf zur SPOILER-Section, wo ich versuche zu erklären, was ich damit meine.
Gefängnisse
Das Dollhouse ist ein merkwürdiges Gefängnis. Es ist eine wunderschöne Wohlfühl-Oase, die nur unterschwellig (und mithilfe ihrer Technologie) klar macht, dass du da nicht abhauen kannst. Unterschwellig auch deshalb, weil du ja drin wohnen willst, eigentlich. Es ist so schön und relaxing. Aber gleichzeitig scheint Echo ja eine Sache mittlerweile zu verstehen: In einem Gefängnis wirst du beobachtet. Und Geheimnisse zwischen Kindern sind der erste Schritt der Anti-Erwachsenen-Entwicklung.
Beobachter
Das Beobachtet-Werden ist in Gefängnissen Teil der Routine. Du bist nie allein, immer wacht wer über dir, eine von vielen Eigenschaften, die das Dollhouse mit der (Kultur-)Industrie teilt. Rayna fühlt sich ja auch „like a prisoner“ wegen all der Leute, die ja zu ihrem Wohl auf sie aufpassen. Beobachtet wird sie auch im Käfig, gefangen auf der Bühne, und dieses Beobachtet-Werden, das Aufmerksamkeit-Bekommen ist es auch, was ihren Tod erst zum funktionieren bringen soll: Ein In-der-dunklen-Seitengasse-Mord (wie er durch Audras Kindapping schön angedeutet wird) bringt Rayna nichts. Sie muss auf der Bühne, im Rampenlicht ausgehen, damit die Leute in 80 Jahren noch darüber reden. Beobachtet werden heißt gesellschaftliche Relevanz zu haben.
Laborratten
Aber gleichzeitig ist das Beobachtet-Werden und das Gefangen-Sein auch etwas, was Versuchskaninchen gemein haben. Rayna und Echo sind beide Factory-Girls, geformt, um Fantasien von anderen zu erfüllen. Beide schauen diesen Fantasien (und den sie fantasierenden Menschen/Mänern) in die Augen, und finden sowohl Erfüllung als auch Todesangst. Wie Jenny an Richard Connels Fantasie fast starb, so stirbt Rayna fast an der des Fans. Aber der unterschied wird hier auch schon deutlich gemacht: Rayna rationalisiert diesen Zustand als Gefängnis-ohne-Ausbruch, wo eben nur der Tod (und ein cooler noch dazu) Freiheit verspricht. Echo/Jordan checkt, dass man „change“ herbeiführen muss, gerade, wenn man (als Star, als „best“ und „most requested“ Akteurin) die Macht dazu hätte. Nochmal eine Parallele: Beide sprechen mit einer Stimme, die nicht die ihre ist. Dieser Punkt ist es, der „Stage Fright“ über „The Target“ heraushebt: Denn die Parallele bricht, als Jordan nicht nur den Körper (wie in „The Target“), sondern auch die Stimme zum Out-of-the-box-Denken verwendet.
Phrasen
Bei „The Target“ wurde die Catchphrase körperlich gemacht: Echo erinnert sich nicht an die konkreten Worte, sie ahmt nur die körperliche Kontur dieser Bedeutung nach. Wir wissen nicht einmal, ob sie sich der Bedeutung dieser Bewegung bewusst ist, bzw. wie reflexhaft sie von statten ging. In „Stage Fright“ allerdings ist sie auf einer neuen Stufe: Sie widerholt nicht nur als Jordan etwas, was Echo zu Sierra gesagt hat („friends help each other out“), sie ist sich offenbar der Bedeutung dieser Worte bewusst, wenn sie sie als Jordan sagt. Ganz abgesehen von der netten Doppelbödigkeit, Fans als Friends anzusehen (was die Folge ja an sich nicht wirklich suggeriert), redet hier Jordan mit dem Wissen um die Bedeutung dieser Phrase. Es ist kein Reflex. Es ist eine wohlüberlegte Entscheidung. Deswegen ist es „impressive“, dass sie Probleme anders lösen kann, als erwartet.
Die Reise
Aber hier an dieser Stelle muss ich einen kleinen Exkurs machen: „Stage Fright“ gibt uns nämlich zwei Arten von Arc-Momenten (gut, drei oder vier, wenn wir Paul/Mellie/Lubov/Victor und die Dollhouse-internen Techtelmechtel dazuzählen): Und zwar Echo am Ende, der berühmte, epische Kopfschüttler, und Jordan, die Echo durchsickern lässt. Wir alle wissen, dass Dollhouse eine Reise von Echo darstellen soll, und dass wir deswegen auch teilweise zuschauen: Um Echos (R)evolution zu sehen. Ihr Erwachen, ihr Aufspüren einer Identität, und das Entdecken der Menschlichkeit in ihr. Ich schnipsle hier mal ein paar sehr inkohärente Gedanken zusammen, die ich in ein, zwei Posts drüben bei whedonesque schon formuliert habe:
There seems to be one thing in Joss' work he never meant to touch upon, and that is his humanist leaning. Joss likes to toss the words "human condition" around. When I heard about the premise of Dollhouse, I assumed, he will finally have a vehicle to make this undercurrent explicit, to show us what he means by the word "humanity". And it is quite telling that everyone assumes that there is "journey" or a "path" for Echo, a clear destination towards which she is "evolving". Her "human nature". Her "self".
But the more I watch the show the more I come to question my initial assumption. Maybe Joss is really messing this up and starting to tackle his own, his most solid and fundamental assumptions about people. Maybe Echo's "journey" is a projection by the audience, and he will twist it again, to come up at a completely different notion. The main question then will be: How can he pull this off, without damaging any marxist/feminist/egalitarian comment on society? Isn't Echo's growing awareness, her journey towards a coherent self that can break it's chains and take the Dollhouse down, the thing we invest in from the beginning? Isn't the head-shake the one scene that even the people that didn't like "Stage Fright" that much agreed upon liking?
I find the consensus and the somewhat silly notion that everyone is already "knowing" or "feeling" where Echo is headed suspicious. Maybe Joss is playing that very consciously. Since we could definitely not agree on how this "destination" looks like (since everyone will have a different view of identity, coherence and the self), how can Joss portray it in any way that is not silly, unacceptable or offending to most of the people out there? So maybe the journey is a myth.
Which is the reason, why I am really really excited about this first few episodes, because, honestly, maybe herein lies the true message of the show. Maybe that is the reason why Joss decided to do this show this way around: He gets to deliver Fox there clichéd plots-of-the-week, but at the same time he can play with the notion that multiple stories create and need multiple personalities, and that it is the narrative, the audience that demands Echo's awakening. Alpha. Yes, the show is in itself silly for having nothing likable in it, and how much it forces us to accept very bad things as our weekly narrative, but having Echo's awakening tied to Alpha is maybe the most blatant silliness. We are actually rooting for a journey that was foreshadowed/initiated/planned by a mass-murdering psychopath. Joss is actually telling us very honestly that this journey is not cool per se. He identifies us with Alpha, as he is sitting in Front of a TV, watching Eliza "doing everything".
Dies ist alles natürlich etwas verworren und wahrscheinlich viel zu lang: Aber „Stage Fright“ brachte diese Frage wirklich in mir auf: Wieviel von dieser Reise ist pure Projektion seitens der Zuschauer? Wer will hier Echo eigentlich „erwachen“ sehen? Und die zwei Arten von Arc-Momenten, die ich oben erwähnt habe, spannen diese Frage deutlich auf: Es gibt das Kopfschütteln. Oh oh, Echo weiß was, spürt was im Dollhouse und tut was, was sie nicht tun dürfte. Dann gibt es die Jordan-Momente, wo offenbar Echo in Jordan leakt und dort was anrichtet, ähnlich wie Caroline (und Echo?) in Jenny in „The Target“ eindrangen, nur ohne Drogen. Aber ist es das, was passiert? Wie lesen wir diese Szenen? Wir hören „friends help each other out“ und denken sofort: Arc-Moment? Komisch. Auch die Doppelbödigkeit, als Jordan zum Bildschirm sagt: „I have to help her“ (oder so) und sowohl Rayna als auch Audra/Sierra meint? Warum ist das doppelbödig? Warum redet da nicht einfach nur Jordan über Rayna? Merkwürdig, wie die Serie in all diesen Szenen offen lässt, ob es sich um Arc-Momente handelt. Deswegen bin ich sehr vorsichtig geworden, beim Umjubeln und Erwarten der Reise, die Echo vor sich hat.
Fans
Dieser Exkurs ist natürlich als Meta-Thema für diese Folge besonders toll: Geht es doch darum, wie Fans mit Popkultur umgehen, und wie weit sie oft übers Ziel hinausschießen. Wie oft sie in Einklang sind mit dem, was die Macher wollen (Töten vs. Sterben… was für eine passende Aktiv/Passiv-Konstruktion… und eine Art „neural lock and key“….), und wie oft sie aber (weil die Story zu „confusing“ wird) es nicht sind. Jordan steht als Laborratte mitten im Geschehen und wird „kreativ“. Aber wie keativ ist es eigentlich? Hier mal (aus einer augenzwinkernden halb-Metaebene) eine kleine Dekonstruktion darüber, wie sogar so Reviews wie meine, Arc-Momente herbeifantasieren:
Nahtoderfahrung
Jordan stoppt Raynas Todeswunsch („permanently“), indem sie sie an den Abgrund bringt, an den Rand des Todes (Kudos für Regisseur David Solomon für Nietzsches Phrasenschwein…). Eine Nahtoderfahrung, die den Wunsch zum Leben, zum Aufwachen, den Wunsch nach „freedom“ weckt. Denken wir an „The Target“ zurück: Alpha weckt Echo, indem er sie mittels Richard Connell einer ähnlichen Nahtoderfahrung aussetzt. Er provoziert eine Art „composite event“, und das ist es, was Jordan auch mit Rayna hier macht: Wunderbar, wie in der letzten Szene Rayna mit ihren beiden #1 Fans zusammengebracht wird, mit dem Psycho und dem Fake. Jordan ist Raynas Backup, Sierra ist Echos. Jordan inszeniert eine Bühnenangst für Rayna, sie zeigt ihr die Angst, die eigentlich vor dem Konzept schützt, dass sie so waghalsig annehmen will. Alle Beziehung und Identitäten kulminieren in dieser einen Szene, Rayna fällt, und richtet sich danach erweckt wieder auf. Wenn "Stage Fright" als stand-alone keinen Bezug zu "The Target" haben soll, dann weiß ich nicht, was die Leute bisher geschaut haben.
Echo
Aber so schön dieses Narrativ auch ist (und glaubt mir, sowohl bei den Jordan-Arc-Momenente, wie auch bei dem Kopfschüttler am Ende hatte ich beim dritten Mal schauen Tränen in den Augen…) so sehr erinnert mich „Stage Fright“ daran, beim Betrachten von Dollhouse auch immer das Betrachten selbst mitzudenken. Wie kaum zuvor hat Whedon hier überrissen, dass wir als Zuschauer eine essentielle Rollen spielen für die Serie: Wir sind nicht nur Fans, Psychos und stammelde Trotteln. Wir sind nicht nur Alphas, Boyds und Tophers. Wir sind auch die Spannungsfläche zwischen der Story-of-the-week und der Arc, wir sind die, die sagen „Klischée!“ und die, die sagen „Kreativ! Impressives Out-of-the-box-thinking!“. Wir sind Echos Richter und Beurteiler. Wir beobachten sie, und ja – sie ist sogar gefangen im Gefängnis unserer Fantasien, unserer nerdigen „große Storyline“-Ideen. Es würde mich sehr überraschen, wenn ihre Story nicht auch eine Story über uns und unser Lesen von Storys wäre. War Dollhouse zuvor mit der Actor/Active-Parallele schon im Ansatz eine Kommentar ans TV-Serien schauen, wird es ab „Stage Fright“ endlich zu einem voll entwickelten Vehikel für meine wöchentliche Reflexion von dem, was ich wöchentlich vorgebe zu reflektieren.
Spekulationen und Randbemerkungen:
- Der Reveal über Victor/Lubov war herzallerliebst gemacht.
- Wie genau läuft eigentlich Victors Programmierung ab? Miss Penn kommt ja in Schwierigkeiten, als Gabriel Adelles Warnung nicht ernst nimmt und anfängt, Andeutung auf das Dollhouse zu machen, aber Lubov kann offenbar ständig darüber quatschen, ohne verwirrt zu sein.
- Ich glaube nicht, dass Lubov Paul in die Falle geschickt hat. Wenn das Dollhouse ihn loswerden wollen würde, gäbe es einfachere Möglichkeiten. Ich hoffe, wir erfahren, woher die Borodins dahinkamen.
- Shipping-Begriff of the week: „scowly babies“. Immer noch ein Brüller.
wiesengrund - 7. März, 14:18
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